13.11.2017 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Darlehensgewährung durch eine GmbH

Weil Nicht-Banken im Normalfall keinen Geldkredit begeben, dürfen Darlehen nur dann ausnahmsweise an Gesellschafter vergeben werden, wenn die Auskehr der Mittel mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar ist


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, GmbH, Verbot der Einlagenrückgewähr, Gewährung von Darlehen, Kreditvergaben, Nicht-Banken, Klumpenrisiko, Ersatzpflicht, Empfänger, Geschäftsführer
Gesetze:

 

§ 82 GmbHG, § 83 GmbHG

 

GZ 6 Ob 114/17h, 29.08.2017

 

OGH: Bei der Gewährung von Darlehen einer GmbH an einen Gesellschafter ist - wie auch sonst bei Fragen der Einlagenrückgewähr - entscheidend, ob eine Besserstellung des Gesellschafters gegenüber anderen Vertragspartnern der Gesellschaft erfolgt und ob diese Bevorzugung aufgrund der Gesellschafterstellung erfolgt und zu Lasten der Gesellschaft geht. Dies wird bei der Gewährung von Darlehen idR zutreffen, weil Nicht-Banken im Normalfall keinen Geldkredit begeben. Daher dürfen Darlehen nur dann ausnahmsweise an Gesellschafter vergeben werden, wenn die Auskehr der Mittel mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Gesellschaft, die einem Gesellschafter einen Kredit gewährt, im Gegensatz zu einem Kreditinstitut auch nicht über eine entsprechende Möglichkeit der Risikostreuung verfügt; sie ist vielmehr - im untechnischen Sinn - mit einem „Klumpenrisiko“ belastet.

 

Vorliegend erfolgte die Darlehensgewährung ohne Sicherheiten und hatte offensichtlich den Zweck, den Anteilserwerb an der Zielgesellschaft selbst zu finanzieren. In Anbetracht des Umstands, dass damit beträchtliche Mittel zu Lasten der Gläubiger ohne betriebliche Rechtfertigung aus der Gesellschaft abgeflossen sind, ist dies jedenfalls nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar. Das Argument, die Verzinsung sei marktüblich, übersieht, dass in den Fremdvergleich nicht nur die konkreten Konditionen, sondern va auch die Frage einzubeziehen ist, ob mit einem gesellschaftsfremden Dritten überhaupt ein derartiges Geschäft abgeschlossen worden wäre.

 

Nach § 83 Abs 1 GmbHG sind Gesellschafter, zu deren Gunsten gegen die Vorschriften dieses Gesetzes, gegen die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder entgegen einem Gesellschaftsbeschluss Zahlungen von der Gesellschaft geleistet worden sind, zum Rückersatz verpflichtet. Nur was ein Gesellschafter im guten Glauben als Gewinn bezogen hat, muss er nicht zurückzahlen. § 83 GmbHG soll ergänzend sicherstellen, dass Vermögenswerte der Gesellschaft, auch wenn diese die Höhe des nominellen Stammkapitals übersteigen, ungeschmälert erhalten bleiben. Im Fall des Verstoßes hat die Gesellschaft daher einen Anspruch auf Rückzahlung gegen jene Gesellschafter, die die verbotswidrigen Zahlungen (Leistungen) empfangen haben, und gegen die (schuldhaft handelnden) Geschäftsführer. Subsidiär haften auch die übrigen Gesellschafter, jedoch nur dann, wenn und insoweit das Vermögen der Gesellschaft durch die verbotene Leistung unter das Stammkapital gesunken ist. Die Erkennbarkeit des Verstoßes gegen § 82 GmbHG spielt für die Rückzahlungspflicht nach § 83 Abs 1 GmbHG keine Rolle.