30.10.2017 Zivilrecht

OGH: Zur Wiederherstellungsklausel (ABH 2010)

Ist die Wiederbeschaffung einmal ausreichend sichergestellt, wird der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Bezahlung des Neuwerts fällig; dieser fällig gewordene Anspruch besteht auch dann, wenn sich später herausstellen sollte, dass trotz Sicherstellung in der Folge die Wiederbeschaffung unterbleibt


Schlagworte: Versicherungsrecht, Wiederherstellungsklausel, Sicherstellung
Gesetze:

 

§ 97 VersVG, ABH 2010

 

GZ 7 Ob 59/17b, 27.09.2017

 

OGH: Die strenge Wiederherstellungsklausel stellt eine Risikobegrenzung dar, mit der sichergestellt werden soll, dass der Versicherungsnehmer die Versicherungssumme nicht für frei bestimmbare Zwecke verwendet. Im Versicherungsfall entsteht zunächst nur ein Anspruch auf den Zeitwert, der Restanspruch auf den Neuwert hängt von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung ab. Grundsätzlich kann eine 100%-ige Sicherheit nicht verlangt werden, sondern es muss ausreichen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen. Wann die Verwendung gesichert ist, ist nach Treu und Glauben zu entscheiden und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

 

Der Kläger erstattete fünf Tage nach Ablauf der Frist zur Sicherstellung (gem Art 6.5 ABH 2010 ein Jahr nach dem Schadensfall) einen Verfahrensschriftsatz, mit welchem er Urkunden über die mehr als zwei Wochen zuvor erfolgte unwiderrufliche Bestellung und Anzahlung eines Ersatzgeräts vorlegte. Dieser Schriftsatz wurde am letzten Tag einer vom Erstgericht den Parteien in einer Tagsatzung gesetzten achtwöchigen Frist zur Bekanntgabe erstattet, ob in Vergleichsgesprächen eine Einigung sowohl zu Tat- als auch zu Rechtsfragen erzielt worden sei, wobei die Frage der Wiederbeschaffung Thema des widerstreitenden Vorbringens gewesen und in derselben Tagsatzung erörtert worden war. Eine – auch im Schriftsatz angesprochene – Kontaktaufnahme des Klagevertreters zum Beklagtenvertreter war zudem nach den diesbezüglich unstrittigen Urkunden bereits zwei Wochen zuvor (also innerhalb der Jahresfrist) von einer Übermittlung der erwähnten Bestellunterlagen begleitet gewesen.

 

Unter diesen Umständen des Einzelfalls (insbesondere der Vergleichsgespräche) ist die Einschätzung vertretbar, dass der Revisionswerberin – auch vor dem von ihr selbst erkannten Hintergrund, dass der Grundsatz von Treu und Glauben das Versicherungsverhältnis in besonderem Maß beherrscht – fristgerecht die Sicherstellung der Wiederbeschaffung nachgewiesen wurde.

 

Ist aber die Wiederbeschaffung einmal ausreichend sichergestellt, wird der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Bezahlung des Neuwerts fällig. Dieser fällig gewordene Anspruch besteht auch dann, wenn sich später herausstellen sollte, dass trotz Sicherstellung in der Folge die Wiederbeschaffung unterbleibt.