23.10.2017 Verfahrensrecht

OGH: Zur Aufrechnung des Sozialversicherungsträgers gegen den Insolvenzverwalter

Ist strittig, ob der Sozialversicherungsträger im Konkurs des Anspruchsberechtigten gegen möglicherweise pfändbare Einkommensbestandteile aufrechnet, kann ausschließlich der Masseverwalter einen Aufrechnungsbescheid bekämpfen


Schlagworte: Insolvenzrecht, rückständige Sozialversicherungsbeiträge, Pensionsansprüche des Schuldners, trägerübergreifende Aufrechnung, Massezugehörigkeit, Schuldnerprozess
Gesetze:

 

§ 2 IO, § 12a IO, § 113a IO, § 71 GSVG, § 103 ASVG

 

GZ 10 ObS 48/17g, 18.07.2017

 

OGH: Die Aufrechnungsbestimmungen des Sozialversicherungsrechts sind dem eigentlichen Exekutionsrecht vorgehende spezielle Normen, weshalb die Pfändungsbeschränkungen der EO einer Aufrechnung bis zur Hälfte der zu erbringenden Geldleistung nicht entgegenstehen und eine Aufrechnung auch in den pfändungsfreien Teil zulässig ist.

 

Im Konkurs des Anspruchsberechtigten ist die Ermittlung des pfändungsfreien (konkursfreien) Einkommens für die Aufrechnung durch den Versicherungsträger insofern relevant, als nur das zur Konkursmasse gehörige Vermögen, nicht aber der unpfändbare Teil der vom Sozialversicherungsträger erbrachten Leistungen der Aufrechnungsbeschränkung des § 12a Abs 2 sowie den Anforderungen des § 113a IO unterworfen ist.

 

Zu den Schuldnerprozessen (§ 6 Abs 3 IO) gehören Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur nur, wenn der Streitgegenstand weder einen Aktivbestandteil, noch einen Passivbestandteil der Konkursmasse bildet. Betrifft ein Prozess sowohl die Konkursmasse als auch den Schuldner persönlich, liegt ein Masseprozess vor. Prozesse, welche die Konkursmasse nur teilweise betreffen, sind vom Masseverwalter zu führen. Bei strittigen Tatfragen wird die Prozessführungsbefugnis des Masseverwalters im Zweifel bejaht. Die Frage nach der Massezugehörigkeit, die das Gericht von Amts wegen zu klären hat, muss nach objektiven Kriterien beantwortet werden. Das Tatsachenvorbringen des Klägers ist dann maßgeblich, wenn der Streitgegenstand nach diesem Tatsachenvorbringen schon von Gesetzes wegen (nicht) zur Masse gehört.

 

Ist strittig, ob der Sozialversicherungsträger im Konkurs des Anspruchsberechtigten gegen möglicherweise pfändbare Einkommensbestandteile aufrechnet, kann ausschließlich der Masseverwalter einen Aufrechnungsbescheid (mit Klage nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG) bekämpfen, auch wenn der Bescheid nur gegen den Schuldner gerichtet ist.