OGH: Schlüssige Benützungsvereinbarungen im WEG 2002
Solange der Einzelrechtsnachfolger seinen Beitritt zu einer schlüssigen Benützungsvereinbarung nicht ablehnt, besteht ein Schwebezustand, für dessen Dauer die übrigen Teilhaber an die Vereinbarung gebunden bleiben
§ 863 ABGB, § 838a ABGB, § 17 WEG 2002, § 52 WEG 2002
GZ 5 Ob 93/17p, 20.07.2017
OGH: Bis zum Inkrafttreten des WEG 2002 konnte eine Benützungsregelung auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Eine jahrelange unwidersprochen gehandhabte Übung aller Miteigentümer konnte als schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB, das als Abschluss einer Benützungsvereinbarung gewertet werden kann, gedeutet werden. Seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 ist die Benützungsregelung schriftlich abzuschließen.
Das WEG 2002 hat nach alter Rechtslage wirksam (konkludent) zustande gekommene Benützungsvereinbarungen nicht beseitigt und nach neuer Rechtslage (§ 17 Abs 3 WEG 2002) binden Benützungsregelungen jedenfalls den Einzelrechtsnachfolger. Das mit dem WEG 2002 eingeführte Schriftlichkeitsgebot bedeutet für die im Weg der Einzelrechtsnachfolge neu hinzutretenden Mit- und Wohnungseigentümer, dass die Vereinbarung dann wirksam bleibt, wenn der Rechtsnachfolger, der seine Anteile nach diesem Zeitpunkt erwarb, mit schriftlichem Vertrag in die Rechtsstellung seines Vorgängers eintrat oder der von seinem Vorgänger (allenfalls auch konkludent) übernommenen Verpflichtung schriftlich beitrat. Solange er seinen Beitritt nicht ablehnt, besteht ein Schwebezustand, für dessen Dauer die übrigen Teilhaber an die Vereinbarung gebunden bleiben, was aber nur bedeutet, dass sie sich untereinander nicht darauf berufen können, die bisherige Benützung erfolge nunmehr titellos. Einer Antragstellung iSd § 17 Abs 2 WEG 2002 - auch durch nicht wechselnde Eigentümer - steht dieser Umstand dann nicht entgegen, wenn der erwähnte Schwebezustand endgültig durch Ablehnung des Beitritts beendet wird; damit fällt die Wirksamkeit der bisherigen Benützungsvereinbarung für alle Teilnehmer weg.
Streitigkeiten über Benützungsregelungen unter Wohnungseigentümern sind im Außerstreitverfahren abzuhandeln, auch wenn der Antragsteller die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung geltend macht und sein Begehren auf das Vorliegen einer bloß schlichten Miteigentümergemeinschaft stützt. Auch die Anfechtung vorläufiger Benützungsregelungen gehört zu den Angelegenheiten nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG 2002. Bei bestehenden Benützungsregelungen ist die Antragstellung möglich, wenn der Antrag als eine mit sofortiger Wirkung ausgesprochene Kündigung einer solchen Vereinbarung gedeutet werden kann.