18.09.2017 Wirtschaftsrecht

OGH: Zum begründeten Tatverdacht für eine Hausdurchsuchung im Kartellverfahren

Ob ein begründeter Verdacht iSd § 12 WettbG vorliegt, ist durch eine rechtliche Würdigung der tatsächlichen verdachtsbegründend behaupteten Umstände zu ermitteln und daher im Rekursverfahren vor dem OGH überprüfbar


Schlagworte: Kartellrecht, Hausdurchsuchung, Auskunftsverlangen, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, begründeter Tatverdacht, Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsfrage
Gesetze:

 

§ 12 WettbG, § 11a WettbG, § 49 KartG

 

GZ 16 Ok 1/17h, 07.07.2017

 

OGH: In Anlehnung an LuRsp zur Hausdurchsuchung im Strafverfahren ist es für einen erfolgreichen Antrag auf Bewilligung einer Hausdurchsuchung erforderlich, a) einen Verstoß gegen das Kartellgesetz in rechtlicher Hinsicht schlüssig zu behaupten, b) Umstände darzutun, aus denen sich der begründete Verdacht ergibt, sowie c) darzulegen, warum die Hausdurchsuchung zur Erhärtung dieses Verdachts erforderlich und verhältnismäßig ist. Eine Hausdurchsuchung ist zur Erreichung des Aufklärungszwecks immer dann geeignet, wenn erst nach Informationsquellen gesucht werden muss bzw die Vollständigkeit bereits vorhandener Beweise überprüft werden soll, weil ein Auskunftsersuchen nach § 11a WettbG voraussetzt, dass die Unterlagen bereits bekannt sind bzw freiwillig zur Verfügung gestellt werden.

 

Begründet ist ein Verdacht iSd § 12 Abs 1 WettbG, wenn er sich rational nachvollziehbar dartun lässt. Dafür müssen Tatsachen vorliegen, aus denen vertretbar und nachvollziehbar geschlossen werden kann, dass eine Zuwiderhandlung gegen Wettbewerbsbestimmungen vorliegt. Ein „dringender“ Tatverdacht ist weder nach dem KartG bzw WettbG noch nach der StPO Voraussetzung für eine Hausdurchsuchung.

 

Ob ein begründeter Verdacht iSd § 12 WettbG vorliegt, ist durch eine rechtliche Würdigung der tatsächlichen verdachtsbegründend behaupteten Umstände zu ermitteln und daher im Rekursverfahren vor dem OGH überprüfbar. Die Frage, ob ein hinreichend begründeter Verdacht in tatsächlicher Hinsicht vorliegt, ist jedoch eine solche der Beweiswürdigung, die nach § 49 Abs 3 KartG im kartellrechtlichen Rechtsmittelverfahren nur eingeschränkt bekämpfbar ist.