18.09.2017 Zivilrecht

OGH: Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB und Fahrtrecht iSd § 33 Abs 4 ForstG („Versorgung einer Schutzhütte“)

Allein der Umstand, dass der Beklagte ein allfälliges Fahrtrecht mit den Klägern erörtern wollte und diesbezüglich eine einvernehmliche Lösung anstrebte, stellt auch bei weitester Auslegung des Begriffs keine „Versorgung“ dar


Schlagworte: Eigentumsfreiheitsklage, Forstrecht, Fahrtrecht, Versorgung einer Schutzhütte, einvernehmliche Lösung
Gesetze:

 

§ 523 ABGB, § 33 ForstG

 

GZ 8 Ob 48/17t, 24.08.2017

 

OGH: Mit der Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB kann sich der Eigentümer nicht nur gegen die Anmaßung einer Servitut wehren, sondern gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht. Der Kläger muss dazu lediglich sein Eigentum sowie einen zumindest unmittelbar drohenden Eingriff des Beklagten dartun, während der Beklagte rechtfertigende Gründe dafür beweisen muss. Die Eigentumsfreiheitsklage dringt bereits bei objektiver Rechtswidrigkeit der Störung durch, Verschulden ist nicht nötig. Die Eigentumsfreiheitsklage ist im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen, selbst wenn die Einwendungen des Beklagten auf Gemeingebrauch oder andere öffentliche Grundlagen gestützt sind.

 

Dass der Beklagte gegen den Willen der Kläger deren Liegenschaft befahren und betreten hat, ist unstrittig.

 

Die Revision wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nach § 33 Abs 4 ForstG zur Benutzung des über die Liegenschaft der Klägerin führenden Weges berechtigt gewesen sei.

 

Die Fahrt, die Anlass zur Klagsführung war, diente, selbst wenn man dem Vorbringen des Beklagten folgt, nicht der „Versorgung“ einer Schutzhütte (iSd § 33 Abs 4 ForstG). Allein der Umstand, dass der Beklagte ein allfälliges Fahrtrecht mit den Klägern erörtern wollte und diesbezüglich eine einvernehmliche Lösung anstrebte, stellt auch bei weitester Auslegung des Begriffs keine „Versorgung“ dar. Als solche wird die Zulieferung von Materialien und die Instandhaltung der Hütte, nicht aber die Zufahrt oder Beförderung von Besuchern verstanden. Dazu kommt, dass die – angeblich angestrebte – Vereinbarung eines Zufahrtsrechts, sei es iSd ForstG oder darüber hinausgehend, nicht vor Ort ausgehandelt werden muss und daher das Befahren des Wegs dazu nicht erforderlich war. Der VwGH hat bereits darauf verwiesen, dass bei Auslegung der Vorschrift der allgemeine Grundsatz zu beachten ist, dass Lasten, die durch gesetzlich vorgesehene Eigentumsbeschränkungen entstehen, die Grenzen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und Adäquanz im Verhältnis zu dem der Beschränkung zugrundeliegenden öffentlichen Interesse nicht überschreiten dürfen. Davon ausgehend sei § 33 Abs 4 erster Satz ForstG dahin auszulegen, dass der Halter der Forststraße das Befahren derselben in dem für die Versorgung einer Schutzhütte erforderlichen und zweckmäßigen Ausmaß zu dulden habe, soweit ihm dadurch nicht unzumutbare Nachteile entstehen (VwGH 98/10/0333). Auch mangels Erforderlichkeit ist daher eine Subsumierung der Anlassfahrt unter dem Begriff „Versorgung“ abzulehnen.

 

Auf die Behauptung, dass die Fahrt dazu diente, einen neuen Pächter für die Hütte zu finden, kommt der Beklagte im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zurück. Darauf muss daher nicht weiter eingegangen werden.