18.09.2017 Zivilrecht

OGH: Zur Frage der Risikoaufklärung des Veranstalters einer sportlichen Aktivität (hier: Bananenboot-Fahrten)

Den Sportveranstalter trifft keine besondere Aufklärungspflicht mehr, wenn der Teilnehmer mit dem Wesen der Sportart einigermaßen vertraut und ihm die allfällige erhöhte Gefährdung bewusst ist; dies ist anzunehmen, wenn er die Risikosportart bzw gefährliche sportliche Aktivität bereits vorher ausgeübt hat


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Sportausübung, (Risiko-)Sportarten, Fun-Aktivitäten, Bungee-Jumping, Blobbing, Bananenboot, Aufklärungspflicht
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB

 

GZ 8 Ob 94/17g, 24.08.2017

 

OGH: Die Grenze zwischen Fun-Aktivitäten und Sportausübung ist fließend. So gelten etwa Bungee-Jumping und Blobbing durchaus als (Risiko-)Sportarten. Bei der Ausübung von Sport steht eine körperliche Betätigung im Vordergrund, die bei einem weiteren Verständnis auf gefahrengeneigte körperliche Tätigkeiten im Rahmen der Freizeitgestaltung ausgedehnt werden kann. Die Haftungsgrundsätze für die Ausübung von Risikosportarten gelangen somit auch für die Fahrt mit einer von einem Boot geschleppten „Banane“ zur Anwendung.

 

Ein Sportveranstalter muss va bei einer Risikosportart auf alle typischen, Sicherheitsrisiken hinweisen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er das notwendige Sport- oder Fun-Gerät zur Verfügung stellt. Die gebotene Aufklärung hat den Teilnehmer in die Lage zu versetzen, die Sicherheitsrisiken ausreichend und umfänglich abzuschätzen, wobei die Aufklärung so konkret, umfassend und instruktiv zu erfolgen hat, dass sich der Teilnehmer der möglichen Gefahren bewusst wird und diese eigenverantwortlich abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht ist umso strenger, je gefährlicher eine Sportart ist und je weniger damit zu rechnen ist, dass sich der Teilnehmer der Gefahrenlage bewusst ist.

 

Die Risikoaufklärung bezieht sich auf die typischen Gefahren, die mit der konkreten sportlichen Aktivität verbunden sind. Zu den relevanten Gefahrenumständen bei einer Banane gehören das Kentern (Umkippen), das idR unkontrollierte Sturzgeschehen, das zu einem Aufprall auf das Wasser führt, weiters die auf den Körper einwirkende Kraft bei einem Aufprall auf das Wasser oder bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Teilnehmer sowie mögliche schwere Verletzungen. Entscheidend ist, ob sich der Teilnehmer dieser Gefahren ausreichend bewusst war oder ob er bei einem anderen Kenntnisstand von der Bananenfahrt Abstand genommen hätte. Den Sportveranstalter trifft keine besondere Aufklärungspflicht mehr, wenn der Teilnehmer mit dem Wesen der Sportart bzw sportlichen Aktivität einigermaßen vertraut und ihm die allfällige erhöhte Gefährdung bewusst sein musste, sofern dies für den Veranstalter erkennbar war. Das geforderte Bewusstsein ist im Allgemeinen dann anzunehmen, wenn der Teilnehmer die Risikosportart bzw gefährliche sportliche Aktivität bereits vor dem Unfall ausgeübt hat. Zudem dürfen Verhaltens- und Sorgfaltspflichten ebenso wie nebenvertragliche Schutz- und Aufklärungspflichten iZm sportlichen Aktivitäten - genauso wie allgemeine Verkehrssicherungspflichten - nicht überspannt werden, weil sportliche Aktivitäten gefördert und nicht unmöglich gemacht werden sollen.