11.09.2017 Verfahrensrecht

OGH: Festsetzung nach (freiem) Ermessen iSd § 273 ZPO (bzw § 34 AußStrG)

Stehen der Partei im Verfahren Beweismittel zur Darlegung der Höhe der Forderung zur Verfügung, und macht sie hievon bloß keinen Gebrauch, so ist die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO (oder § 34 AußStrG) ausgeschlossen


Schlagworte: Festsetzung nach (freiem) Ermessen
Gesetze:

 

§ 273 ZPO, § 34 AußStrG

 

GZ 1 Ob 110/17h, 12.07.2017

 

OGH: Die Anwendbarkeit des § 34 AußStrG hängt, wie jene des § 273 Abs 1 ZPO, von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und hat keine über diesen hinausgehende Bedeutung. Zwar trifft zu, dass dann, wenn einer Partei im Verfahren Beweismittel zur Darlegung der Höhe einer Forderung zur Verfügung stehen und sie davon bloß keinen Gebrauch macht, die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO (oder § 34 AußStrG) ausgeschlossen ist. Es hat aber der Antragsgegner den Verlauf des Kontos wenn auch nicht vollständig, so doch kursorisch dargelegt. Das Erstgericht ist (auf Basis seiner für glaubhaft erachteten Darstellung) davon ausgegangen, dass er, als er die Zahlungen erbracht hatte, nicht damit gerechnet hatte, in fernerer Zukunft Belege zu Beweiszwecken zu brauchen. Im Übrigen schließt nicht einmal eine schuldhafte – fahrlässige oder sogar vorsätzliche – Herbeiführung des Beweisnotstands die Anwendung des § 273 ZPO aus. Bei der Vielzahl von (verschiedenen) Therapieeinheiten und (teilweise auch abgelehnten) Rückerstattungen ist die Anwendung des § 34 AußStrG durch das Rekursgericht keinesfalls korrekturbedürftig.

 

So wie bei § 273 ZPO kommt auch bei Anwendung des § 34 AußStrG dem Ergebnis der vom Richter nach seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis und den Ergebnissen der gesamten Verhandlung nach bestem Wissen und Gewissen und nach seiner freien Überzeugung vorzunehmenden Schätzung grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Einen gravierenden, an die Grenzen des Missbrauchs gehenden Fehler bei der Anwendung des richterlichen Ermessens, der an den OGH herangetragen werden könnte, zeigt die Antragstellerin nicht auf. Der vom Rekursgericht dafür herangezogene Betrag, der nach seinen klaren Ausführungen die Rückerstattung (bzw den Rückerstattungsanspruch von ca 30 %) bereits berücksichtigte, liegt eben (sogar ein wenig mehr als) 30 % niedriger als der vom Erstgericht herangezogene Betrag. Damit kann die Antragstellerin, die in ihrem Rechtsmittel allein diesen Punkt geltend macht, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigen.