03.09.2017 Verfahrensrecht

OGH: Inventarisierung – Auskunftspflicht der Bank iZm Großbetragssparbuch iSv § 32 Abs 4 Z 2 BWG?

Die Bank ist (auch) beim Großbetragssparbuch zur Auskunft verpflichtet, wenn der Erblasser als Kunde identifiziert war, und zwar auch dann, wenn sich die Sparurkunde zuletzt nicht mehr in seinem Besitz befunden hatte


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Erbrecht, Verlassenschaftsabhandlung, Inventarisierung, Großbetragssparbuch, Auskunftspflicht der Bank
Gesetze:

 

§ 165 AußStrG, § 166 AußStrG, § 32 BWG

 

GZ 2 Ob 95/17k, 20.06.2017

 

OGH: Zunächst ist festzuhalten, dass es sich beim Großbetragssparbuch iSv § 32 Abs 4 Z 2 BWG um ein Rektapapier handelt; die Übertragung des Guthabens auf einen Dritten erfolgt daher nicht durch bloße Übergabe der Sparurkunde, sondern erfordert eine Zession. Die auf der Qualifikation als Inhaberpapier aufbauende Argumentation der Bank geht daher von vornherein ins Leere.

 

Aber auch abgesehen davon ist die Beurteilung des Rekursgerichts durch stRsp gedeckt.

 

Zwar hat der OGH in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass Sparbücher dann in das Inventar aufzunehmen seien, wenn sie im Todeszeitpunkt im Besitz des Erblassers standen. Daraus ergibt sich aber nicht, dass der Besitz eine notwendige Bedingung für die Inventarisierung wäre. Vielmehr hat der Besitz nur Indizfunktion für die eigentlich entscheidende Frage, ob ein bestimmter Vermögenswert zum Nachlass gehört oder nicht. Auf dieser Grundlage fallen grundsätzlich alle Sparguthaben in die Verlassenschaft (und sind daher zu inventarisieren), die dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes zustanden. Dabei hat der OGH schon zur alten Rechtslage (also zum „anonymen“ Sparbuch) festgehalten, dass ein dem Erblasser abhanden gekommenes Überbringersparbuch in die Abhandlung einbezogen werden müsse, solange nicht ersichtlich sei, dass es ein Dritter vor dem Tod gutgläubig erworben habe.

 

Das muss umso mehr gelten, wenn der Erblasser nach dem nun geltenden Recht bei einem Großbetragssparbuch (§ 32 Abs 4 Z 2 BWG) iSv § 6 Abs 1 Z 1 FM-GWG (früher § 40 BWG) als Kunde identifiziert ist. Denn in diesem Fall hat die Bank bis zur Bescheinigung einer Zession davon auszugehen, dass der identifizierte Kunde (bzw nun die Verlassenschaft) weiterhin ihr Gläubiger ist. Damit liegen ausreichende Anhaltspunkte für die Nachlasszugehörigkeit vor. Zwar ist richtig, dass die Bank nach § 32 Abs 2 BWG nur gegen Vorlage der Urkunde auszahlen darf. Allerdings kann sich der Kunde – und damit auch dessen Rechtsnachfolger – eine abhanden gekommene Sparurkunde durch Kraftloserklärung „wiederbeschaffen“. Diese Möglichkeit wäre ihm faktisch verwehrt, könnte ihm die Bank nach Abhandenkommen eines Sparbuchs unter Hinweis auf eine bloß mögliche Übertragung der Forderung die Bekanntgabe der Kontodaten verweigern.

 

Auch aufgrund dieser Erwägungen hat der Senat zuletzt ausgesprochen, dass die Bezeichnung auf den Namen des Erblassers oder dessen Identifikation als Kunde (auch) bei Großbetragssparbüchern einen konkreten Anhaltspunkt dafür biete, dass ein Sparguthaben zum Nachlass gehöre. Zwar hatte im Anlassverfahren (wohl) auch Mitbesitz des Erblassers an den Sparbüchern bestanden. Der Entscheidung ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Identifikation auf den Erblasser nur aus diesem Grund einen Anhaltspunkt für die Nachlasszugehörigkeit gebildet hätte. Auch im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die Bank (auch) beim Großbetragssparbuch zur Auskunft verpflichtet ist, wenn der Erblasser als Kunde identifiziert war, und zwar auch dann, wenn sich die Sparurkunde zuletzt nicht mehr in seinem Besitz befunden hatte. Von dieser Ansicht abzugehen besteht kein Anlass.

 

Im vorliegenden Fall war die Erblasserin als Kundin identifiziert, und es gibt keine Anhaltspunkte für eine Zession ihrer Forderung gegen die Bank. Das Sparguthaben ist daher in die Verlassenschaftsabhandlung einzubeziehen. Damit ist die Bank zur Auskunft verpflichtet.