OGH: Zuschlag zum Richtwertmietzins – Festlegung des Evaluierungsraumes bzw des Wohnviertels, hinsichtlich dessen geprüft wird, ob die Voraussetzungen eines sog Gründerzeitviertels iSd § 2 Abs 3 RichtWG vorliegen
Steht für den OGH bindend fest, dass das Bestandobjekt in einer Wohnumgebung mit einem überwiegenden Gebäudebestand, der von 1870 bis 1917 errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine mangelhaft ausgestattete Wohnungen aufgewiesen hat, kommt der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Frage nach der konkreten räumlichen Ausdehnung der Wohnumgebung („Evaluierungsraum“) keine rechtliche Bedeutung zu
§ 16 MRG, § 2 RichtWG
GZ 5 Ob 102/17m, 27.06.2017
OGH: Gem § 16 Abs 4 zweiter Halbsatz MRG ist ein Lagezuschlag nach Abs 3 Z 3 leg cit nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine Lage aufweist, die besser ist als die durchschnittliche Lage (§ 2 Abs 3 RichtWG). Die Revisionsrekurswerberinnen relevieren ausschließlich Fragen in diesem Zusammenhang und meinen, ein Lagezuschlag sei der vertraglichen Mietzinsregelung zulässig zugrunde gelegt worden, weil die Wohnumgebung, in die der Mietgegenstand eingebunden sei, nicht mehr in einem historischen Gründerzeitviertel liege.
Die Frage, ob und in welcher Höhe Zuschläge zum Richtwertmietzins gerechtfertigt sind, hängt ganz allgemein von den Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt deshalb grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den OGH.
Nach § 2 Abs 3 RichtWG ist die durchschnittliche Lage nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen, wobei eine Lage (Wohnumgebung) mit einem überwiegenden Gebäudebestand, der in der Zeit von 1870 bis 1917 errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine, mangelhaft ausgestattete Wohnungen (Wohnungen der Ausstattungskategorie D) aufgewiesen hat, höchstens als durchschnittlich einzustufen ist. Der OGH hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen, dass durch diese, auf die sog Gründerzeitviertel hinweisende Bestimmung für Wiener Verhältnisse lediglich klargestellt werde, dass eine derartige Lage als durchschnittlich und daher als Merkmal einer Normwohnung zu qualifizieren sei .
Das Erstgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass sich die Liegenschaft in einem „Gründerzeitviertel“ befindet, also in einer Wohnumgebung mit einem überwiegend dementsprechenden Gebäudebestand liegt. Den nach der höchstgerichtlichen Rsp zulässigen Gegenbeweis der Entwicklung des konkreten Wohnviertels zu einem „Nicht-(mehr-)Gründerzeitviertel“ (wie bei Ersatz einer solchen Anzahl von Gründerzeitgebäude durch Neubauten, dass diese nicht mehr überwiegen) sah es als nicht erbracht an. Das Rekursgericht erachtete die von den Antragstellerinnen dagegen erhobenen Beweisrüge als nicht berechtigt. Diese Frage der Beweiswürdigung kann damit vor dem OGH nicht neuerlich aufgerollt werden.
Steht für den OGH bindend fest, dass das Bestandobjekt in einer Wohnumgebung mit einem überwiegenden Gebäudebestand, der von 1870 bis 1917 errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine mangelhaft ausgestattete Wohnungen aufgewiesen hat, kommt der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Frage nach der konkreten räumlichen Ausdehnung der Wohnumgebung („Evaluierungsraum“) keine rechtliche Bedeutung zu.