08.08.2017 Zivilrecht

OGH: Benützungsregelung zwischen Teilhabern – zum Prüfungsumfang nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG iZm Anmerkungen nach § 828 Abs 2 ABGB

Die Eintragung einer Benützungsregelung im Grundbuch hat keine konstitutive Wirkung; der Zweck der Anmerkung, den Einzelrechtsnachfolger auch ohne ausdrückliche Überbindung oder stillschweigende Unterwerfung an (rechtswirksam) bestehende Benützungsregelungen iSd § 828 ABGB zu binden, erfordert keine substanzielle Prüfung des Vereinbarungsinhalts durch das Grundbuchgericht; diesem ist zum Zweck der Anmerkung vielmehr grundsätzlich nur der formal wirksame Abschluss einer Benützungsvereinbarung iSd § 828 Abs 2 ABGB durch beweiswirkende Urkunden nachzuweisen; ungeachtet der Entbehrlichkeit einer weitergehenden substanziellen Prüfung ist es also eine nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu prüfende Voraussetzung, dass die Vereinbarung, deren Anmerkung nach § 828 Abs 2 ABGB beantragt wird, überhaupt als eine vertraglich vereinbarte Benützungsregelung iS dieser gesetzlichen Eintragungsgrundlage zu qualifizieren ist.


Schlagworte: Grundbuch, Miteigentum, Benützungsregelung, Anmerkungen, Prüfungsumfang des Grundbuchgerichts, Urkunden
Gesetze:

 

§ 94 GBG, § 828 ABGB, § 20 GBG

 

GZ 5 Ob 56/17x, 27.06.2017

 

OGH: Grundbücherliche Anmerkungen können zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse (§ 20 lit a GBG), oder zur Begründung bestimmter, nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen eingetragen werden (§ 20 lit b GBG). Anmerkungen nach § 20 lit b GBG bedürfen also einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Anmerkungen, die in keinem Gesetz vorgesehen sind und deren Wirkungen auch gesetzlich nicht geregelt sind, sind unzulässig.

 

Von der Einverleibung oder Vormerkung unterscheiden sich die Anmerkungen generell dadurch, dass sie zur Feststellung von Tatsachen dienen, die gewisse rechtliche Folgen nach sich ziehen. Sie können keine dinglichen Rechte begründen, abändern oder aufheben, sondern haben den Zweck, im Interesse Dritter bestimmte tatsächliche und für den Realverkehr interessante Verhältnisse bekannt zu machen oder bestimmte gesetzlich besonders geregelte Rechtswirkungen herbeizuführen. Anmerkungen publizieren Tatsachen, aus denen sich Rechtsfolgen ergeben können, sie verschaffen aber für sich allein keine dinglichen Rechte.

 

Gesetzliche Grundlage für die von den Antragstellern begehrte Anmerkung ist die mit dem Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002 (BGBl I 2002/71) geschaffene Bestimmung des § 828 Abs 2 ABGB. Danach wirkt eine gerichtliche oder vertraglich vereinbarte Benützungsregelung zwischen den Teilhabern einer unbeweglichen Sache auch für deren Rechtsnachfolger, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist. Zweck der Anmerkung der Benützungsregelung ist die Sicherung des Bestands einer Benützungsregelung (auch) im Fall des Eintritts einer Singularsukzession bei einem Miteigentümer. Dem Wortlaut des § 828 Abs 2 ABGB und den Gesetzesmaterialien ist weder ein Anhaltspunkt für eine erschwerte Möglichkeit einer Aufhebung einer angemerkten Benützungsregelung noch für eine Änderung ihrer rechtlichen Qualität iSe „Verdinglichung“ der darin festgelegten Befugnisse zu entnehmen; die Bedeutung der bücherlichen Anmerkung besteht also (nur) in der Bindung neu hinzukommender Miteigentümer. Am weiterhin bloß obligatorischen Charakter von Benützungsregelungen ändert dieser Umstand freilich nichts. Die Anmerkung bewirkt auch in diesen Fällen nicht den grundbücherlichen Erwerb, Umänderung oder Aufhebung eines dinglichen Rechts.

 

Die Eintragung einer Benützungsregelung im Grundbuch hat demnach keine konstitutive Wirkung. Der Zweck der Anmerkung, den Einzelrechtsnachfolger auch ohne ausdrückliche Überbindung oder stillschweigende Unterwerfung an (rechtswirksam) bestehende Benützungsregelungen iSd § 828 ABGB zu binden, erfordert keine substanzielle Prüfung des Vereinbarungsinhalts durch das Grundbuchgericht. Diesem ist zum Zweck der Anmerkung vielmehr grundsätzlich nur der formal wirksame Abschluss einer Benützungsvereinbarung iSd § 828 Abs 2 ABGB durch beweiswirkende Urkunden nachzuweisen. Ungeachtet der Entbehrlichkeit einer weitergehenden substanziellen Prüfung ist es also eine nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu prüfende Voraussetzung, dass die Vereinbarung, deren Anmerkung nach § 828 Abs 2 ABGB beantragt wird, überhaupt als eine vertraglich vereinbarte Benützungsregelung iS dieser gesetzlichen Eintragungsgrundlage zu qualifizieren ist.

 

Nach allgemeinen Grundsätzen steht der Gebrauch einer im Miteigentum stehenden Sache jedem Teilhaber grundsätzlich soweit zu, als dadurch der konkrete Gebrauch der anderen nicht gestört wird. Eine Benützungsvereinbarung bezweckt die vertragliche Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder körperlich begrenzter Teile dieser Sache zur ausschließlichen Benutzung durch einzelne Teilhaber dauernd oder zumindest für eine bestimmte (längere) Zeit. Zum Wesen einer Benützungsregelung gehört es daher, diese allgemeinen Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers (und nur diese) in Sondernutzungsrechte an bestimmten Teilen der gemeinsamen Sache umzugestalten.

 

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, enthält die die (im Kaufvertrag vom 15. 2. 2008 vertraglich vereinbarte und bereits angemerkte) eigentliche Benützungsregelung ergänzende Nachtragsvereinbarung vom 9. 9. 2016 keine Regelung der Gebrauchsbefugnisse im dargestellten Sinn. Gegenstand dieser – im gegebenen Zusammenhang eigenständigen und daher auch isoliert zu beurteilenden – Vereinbarung sind vielmehr darauf aufbauende, weitergehende Anteils- und Sachverfügungen. Für die Anmerkung derartiger Vereinbarungen besteht

– losgelöst von der Frage ihrer Rechtswirksamkeit – keine gesetzliche Grundlage.