08.08.2017 Zivilrecht

OGH: Zum Schadenersatz bei Sammlerstücken

Bei Sammlerstücken, die im Alltag gar nicht oder nur selten verwendet werden, kann die zumutbare Dauer der Wiederbeschaffung großzügig bemessen werden


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Wertermittlung, Sachwert, Marktpreis, Wiederbeschaffungswert, Kosten der Wiederherstellung, restitutio in integrum, Sammlerstücke, Antiquitäten
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 1323 ABGB

 

GZ 8 Ob 43/17g, 30.05.2017

 

OGH: Nach § 1323 erster Satz ABGB muss, um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, alles in den vorigen Stand zurückversetzt, oder wenn dies nicht tunlich ist, der Schätzungswert vergütet werden. Der Geschädigte ist demnach primär so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestellt wäre; er hat auch Anspruch auf den Ersatz der Wiederherstellungskosten, soweit sie objektiv notwendig und angemessen sind. Nur dann, wenn bereits fest steht, dass eine Wiederherstellung nicht unternommen wird, ist ein über die objektive Wertminderung hinausgehendes Begehren abzuweisen.

 

Der nach § 1323 ABGB zu ersetzende gemeine Wert einer Sache kann im Austausch-, im Ertrags- und allenfalls im Herstellungswert bestehen. Der Austauschwert bestimmt sich nach jenem Betrag, um den die Sache im Verkehr angeschafft werden kann, der Herstellungswert nach den Kosten für die Anfertigung einer Sache. Der Geschädigte soll vorrangig in die Lage versetzt werden, sich eine entsprechende Sache wieder anzuschaffen. Der Herstellungswert ist erst dann maßgeblich, wenn die Beschaffung eines Ersatzobjekts nicht möglich ist, weil es entweder keine gleichwertige gebrauchte Sache gibt oder deren Ankauf nicht zumutbar ist, bzw weil solche Gegenstände nicht gehandelt werden. Als unzumutbar ist der Kauf einer gebrauchten Sache auch dann anzusehen, wenn zwar an sich ein Markt dafür existiert, ein gleichartiges Objekt aber so selten angeboten wird, dass die Suche äußerst langwierig und aufwändig wäre.

 

Die zumutbare Dauer der Wiederbeschaffung kann bei Sammlerstücken, die im Alltag gar nicht oder nur selten verwendet werden, aber großzügiger bemessen werden als bei Gegenständen des täglichen Bedarfs. Jedenfalls zumutbar ist jener Zeitraum, den auch eine Neuanfertigung in Anspruch nehmen würde; dagegen kann die Höchstgrenze der zumutbaren Suche nur nach den Umständen des Einzelfalls ermittelt werden, wozu es entsprechender Feststellungen bedarf.