OGH: Zur Beendigung des Schwebezustandes beim Insichgeschäft einer Privatstiftung
Selbst wenn die neuen Vorstandsmitglieder das Rechtsgeschäft als „grob nachteilig“ bewerten, können sie in einem nach Treu und Glauben zu stellenden Antrag auch ihre Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts formulieren; der Vertragspartner kann sich durch Setzung einer angemessenen Frist iSd § 865 S 3 ABGB bei anhaltender Untätigkeit des Stiftungsvorstands vom Vertrag lösen
§ 17 PSG, § 167 ABGB, § 865 ABGB
GZ 2 Ob 52/16k, 27.04.2017
OGH: Nach der Sonderregelung des § 17 Abs 5 PSG sind Insichgeschäfte nicht per se verboten, sondern ihre Zulässigkeit ist, sofern die übrigen Vorstandsmitglieder zugestimmt haben, durch das Gericht zu klären. Ein nach § 17 Abs 5 PSG genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft ist bis zur gerichtlichen Genehmigung oder ihrer Versagung grundsätzlich schwebend unwirksam. Das entspricht allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu Rechtsbedingungen, die in behördlichen Genehmigungserfordernissen bestehen. Der OGH orientiert sich im außerstreitigen Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG an § 167 Abs 3 ABGB, was eine grundsätzliche Gleichbehandlung von genehmigungsbedürftigen Geschäften geschäftsunfähiger Personen nach Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und genehmigungsbedürftigen Insichgeschäften einer Privatstiftung nach Zustimmung der „übrigen“ Vorstandsmitglieder durchaus nahelegt. Gem § 865 ABGB sind bis zu einer erforderlichen gerichtlichen Genehmigung oder Nichtgenehmigung beide Vertragsteile gebunden („hinkendes Rechtsgeschäft“). Der gesetzliche Vertreter ist nach Treu und Glauben verpflichtet, die Entscheidung über die Genehmigung des abgeschlossenen Vertrags beim Gericht herbeizuführen, um auf diese Weise den Schwebezustand zu beenden und klare Verhältnisse zu schaffen, ob der Vertrag rückwirkend zu einem voll wirksamen Vertrag wird oder zufolge der Verweigerung der Genehmigung seine Wirkung verliert.
Die Anwendung dieser Grundsätze bedeutet zunächst, dass die Privatstiftung durch die Unterlassung der Antragstellung auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts beim Firmenbuchgericht den Schwebezustand nicht beenden kann. Ein solcher Antrag ist jederzeit möglich. Selbst wenn die neuen Vorstandsmitglieder das Rechtsgeschäft als „grob nachteilig“ bewerten, können sie in einem nach Treu und Glauben zu stellenden Antrag auch ihre Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts formulieren. Nicht dem Stiftungsvorstand, sondern allein dem Gericht kommt die endgültige Prüf- und Entscheidungsbefugnis zu.
Andererseits kann sich auch der Vertragspartner der Privatstiftung durch Setzung einer angemessenen Frist gem § 865 S 3 ABGB bei anhaltender Untätigkeit des Stiftungsvorstands vom Vertrag lösen und dadurch eine Beendigung des Schwebezustands herbeizuführen.