VwGH: Rückführung einer Familie mit minderjährigen Kindern nach Ungarn
Das Urteil des EGMR vom 4. November 2014, Nr 29217/12, Tarakhel/Schweiz, betraf die Rückführung einer Familie mit minderjährigen Kindern nach Italien und nahm ausschließlich Bezug auf die dort zum für die Entscheidung wesentlichen Zeitpunkt vorherrschende Unterbringungs- und Versorgungssituation; dass vor einer Rückführung in einen anderen Dublin-Staat in jedem Fall Garantien über die Unterbringung von Familien einzuholen sind, lässt sich diesem Urteil nicht entnehmen
§ 5 AsylG, Dublin III-VO, § 61 FPG
GZ Ra 2016/19/0385, 26.04.2017
Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, der EGMR habe im Urteil vom 4. November 2014, Nr. 29217/12, Tarakhel/Schweiz, festgestellt, dass eine Rückführung von Familien mit minderjährigen Kindern nur dann zulässig sei, wenn sich der Mitgliedstaat, aus welchem die Familie rücküberstellt werden soll, gegenüber den Behörden des Zielstaates vergewissert habe, dass eine altersgerechte Beherbergung der Kinder und die Wahrung der Einheit der Familie im Zielstaat garantiert werde. Es stelle eine bedeutende Rechtsfrage dar, ob die genannte Entscheidung auf den gegenständlichen Fall anwendbar sei und ob die Ausweisung unter Berücksichtigung dieser Judikatur hätte ausgesprochen werden dürfen.
VwGH: Das von den revisionswerbenden Parteien angeführte Urteil des EGMR betraf die Rückführung einer Familie mit minderjährigen Kindern nach Italien und nahm ausschließlich Bezug auf die dort zum für die Entscheidung wesentlichen Zeitpunkt vorherrschende Unterbringungs- und Versorgungssituation. Dass vor einer Rückführung in einen anderen Dublin-Staat in jedem Fall Garantien über die Unterbringung von Familien einzuholen sind, lässt sich diesem Urteil nicht entnehmen. Die revisionswerbenden Parteien machen mit ihren allgemeinen Ausführungen auch nicht geltend, dass sie die Lage für Familien in Ungarn mit jener, die der angeführten Entscheidung zugrunde lag, als vergleichbar erachten.
Die revisionswerbenden Parteien begründen die Zulässigkeit ihrer Revision zudem mit der Frage, ob bezogen auf die Situation von Asylsuchenden in Ungarn eine generelle Anführung von standardisierten Länderfeststellungen ausreichend sei oder ob fallbezogene Recherchen iSe Einzelfallprüfung vorgenommen werden müssten.
Damit zeigen die revisionswerbenden Parteien weder auf, welche weiteren konkreten Ermittlungen sie für notwendig erachtet hätten, noch legen sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dar, sodass auch dieses Vorbringen nicht zur Zulässigkeit der Revision führt