OGH: Sicherheitsleistung gem § 390 Abs 2 EO
Der Senat hat in Sachen des gewerblichen Rechtsschutzes eine Sicherheit va dann für angebracht gehalten, wenn der maßgebende Sachverhalt mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens nicht verlässlich geklärt werden kann und daher eine abweichende Entscheidung im Hauptverfahren wenn schon nicht wahrscheinlich, so doch bei realistischer Betrachtung möglich erscheint; ist hingegen die Sachverhaltsgrundlage unstrittig oder aufgrund des Bescheinigungsverfahrens in einer Weise geklärt, dass abweichende Feststellungen im Hauptverfahren praktisch ausgeschlossen sind, so kann – jedenfalls im gewerblichen Rechtsschutz mit der dort typischen Parallelität der Unterlassungsbegehren im Sicherungs- und im Hauptverfahren – der Anspruch im Allgemeinen schon im Sicherungsverfahren abschließend beurteilt werden; das wird die Auferlegung einer Sicherheit jedenfalls bei eindeutiger oder bereits in Parallelverfahren geklärter Rechtslage regelmäßig ausschließen; insbesondere wird das Sicherungsinteresse im Regelfall wegfallen, wenn der OGH im Sicherungsverfahren abschließend entscheidet; demgegenüber ist die Auferlegung einer Sicherheit durch die Vorinstanzen auch bei unstrittiger oder geklärter Sachlage nicht ausgeschlossen, wenn die Rechtslage – vor deren abschließender Klärung im Sicherungsverfahren – (noch) unsicher ist; allerdings trägt der Gegner der gefährdeten Partei in diesem Fall nur das Risiko, dass die einstweilige Verfügung sofort vollstreckbar ist, obwohl sie im Instanzenzug aus rechtlichen Gründen beseitigt werden könnte; die Gefahr einer abweichenden Entscheidung im Hauptverfahren, die zumindest im Regelfall Grundlage für die Auferlegung einer Sicherheit ist, besteht demgegenüber nicht; der Sicherstellungsbedarf besteht daher nur bis zum Abschluss des Provisorialverfahrens; aus diesem Grund können die Interessen des Gegners der gefährdeten Partei systemkonform auch dadurch berücksichtigt werden, dass dem Rekurs oder dem ordentlichen Revisionsrekurs gegen die einstweilige Verfügung aufschiebende Wirkung zuerkannt (§ 524 ZPO iVm §§ 78, 402 EO) oder die Exekution aufgrund der einstweiligen Verfügung wegen eines dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses aufgeschoben wird (§§ 42 Abs 1 Z 2a, 44 Abs 3 EO); dabei ist zu berücksichtigen, dass auch im Anwendungsbereich des § 524 ZPO das Interesse des Rekurswerbers an der Hemmung der Vollstreckbarkeit mit jenem der Gegenseite an der sofortigen Durchsetzung abzuwägen ist, wobei eine Sicherheit in diesem Fall uU vom Gegner zu erlegen wäre
§ 390 EO
GZ 4 Ob 271/16f, 03.05.2017
OGH: Nach § 390 Abs 2 EO kann das Gericht den Vollzug einer einstweiligen Verfügung auch bei Bescheinigung des Anspruchs „nach Lage der Umstände“ vom Erlag einer Sicherheit abhängig machen.
Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe eine Sicherheit aufzuerlegen ist, erfordert eine Abwägung zwischen dem Sicherungsbedürfnis der gefährdeten Partei und der Schwere des Eingriffs in die Rechtssphäre des Gegners. Dabei ist der Zweck der Sicherheit zu beachten: Sie soll dem Gegner einen Befriedigungsfonds für den Fall schaffen, dass sich die einstweilige Verfügung letztlich als unberechtigt erweist. In die Interessenabwägung ist daher – neben dem Sicherungsbedürfnis und der Schwere des Eingriffs – die Wahrscheinlichkeit einzubeziehen, dass sich im Hauptverfahren das Nichtbestehen des zu sichernden Anspruchs ergibt. Je höher diese Wahrscheinlichkeit ist, umso eher ist eine Sicherheit aufzuerlegen, je geringer, umso eher nicht.
Auf dieser Grundlage hat der Senat in Sachen des gewerblichen Rechtsschutzes eine Sicherheit va dann für angebracht gehalten, wenn der maßgebende Sachverhalt mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens nicht verlässlich geklärt werden kann und daher eine abweichende Entscheidung im Hauptverfahren wenn schon nicht wahrscheinlich, so doch bei realistischer Betrachtung möglich erscheint. Das trifft etwa zu, wenn die Rechtsbeständigkeit eines Patents strittig ist, was erst im Hauptverfahren abschließend beurteilt werden kann, oder wenn im Hauptverfahren aus anderen Gründen ein Gutachten eingeholt werden muss. Ausnahmsweise kann sich eine solche Situation auch dann ergeben, wenn die unionsrechtsbedingte Unanwendbarkeit einer Norm – wie im Bereich des Glücksspielmonopols – von tatsächlichen Umständen abhängt, die ebenfalls erst im Hauptverfahren geklärt werden können.
Ist hingegen die Sachverhaltsgrundlage unstrittig oder aufgrund des Bescheinigungsverfahrens in einer Weise geklärt, dass abweichende Feststellungen im Hauptverfahren praktisch ausgeschlossen sind, so kann – jedenfalls im gewerblichen Rechtsschutz mit der dort typischen Parallelität der Unterlassungsbegehren im Sicherungs- und im Hauptverfahren – der Anspruch im Allgemeinen schon im Sicherungsverfahren abschließend beurteilt werden. Das wird die Auferlegung einer Sicherheit jedenfalls bei eindeutiger oder bereits in Parallelverfahren geklärter Rechtslage regelmäßig ausschließen. Insbesondere wird das Sicherungsinteresse im Regelfall wegfallen, wenn der OGH im Sicherungsverfahren abschließend entscheidet.
Demgegenüber ist die Auferlegung einer Sicherheit durch die Vorinstanzen auch bei unstrittiger oder geklärter Sachlage nicht ausgeschlossen, wenn die Rechtslage – vor deren abschließender Klärung im Sicherungsverfahren – (noch) unsicher ist. Allerdings trägt der Gegner der gefährdeten Partei in diesem Fall nur das Risiko, dass die einstweilige Verfügung sofort vollstreckbar ist, obwohl sie im Instanzenzug aus rechtlichen Gründen beseitigt werden könnte. Die Gefahr einer abweichenden Entscheidung im Hauptverfahren, die zumindest im Regelfall Grundlage für die Auferlegung einer Sicherheit ist, besteht demgegenüber nicht. Der Sicherstellungsbedarf besteht daher nur bis zum Abschluss des Provisorialverfahrens. Aus diesem Grund können die Interessen des Gegners der gefährdeten Partei systemkonform auch dadurch berücksichtigt werden, dass dem Rekurs oder dem ordentlichen Revisionsrekurs gegen die einstweilige Verfügung aufschiebende Wirkung zuerkannt (§ 524 ZPO iVm §§ 78, 402 EO) oder die Exekution aufgrund der einstweiligen Verfügung wegen eines dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses aufgeschoben wird (§§ 42 Abs 1 Z 2a, 44 Abs 3 EO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch im Anwendungsbereich des § 524 ZPO das Interesse des Rekurswerbers an der Hemmung der Vollstreckbarkeit mit jenem der Gegenseite an der sofortigen Durchsetzung abzuwägen ist, wobei eine Sicherheit in diesem Fall uU vom Gegner zu erlegen wäre. Das Auferlegen einer Sicherheit nach § 390 Abs 2 EO ist daher im hier erörterten Fall auch bei schwerwiegenden Eingriffen in die Sphäre des Gegners nicht zwingend geboten.
Auf dieser Grundlage fehlen im konkreten Fall die Voraussetzungen für die Auferlegung einer Sicherheit.
Es besteht kein Zweifel, dass es sich beim Raucherraum aufgrund der (unstrittigen) Größe, Lage und Zahl der Verabreichungsplätze um den „Hauptraum“ im Lokal der Beklagten handelt. Daher darf die Beklagte das Rauchen in diesem Raum nicht gestatten (§ 13a Abs 2 Satz 2, 1. Alternative, iVm § 13c Abs 1 lit c TNRSG). Zwar könnte sich im Hauptverfahren ergeben, dass die Zahl der Plätze im Raucherraum erst erhöht wurde, als die Beklagte auch den kleineren Nichtraucherraum in Betrieb nahm. In diesem Fall hätte die Beklagte zwar nicht gegen § 13a Abs 2 Satz 2, 2. Alternative, TNRSG (nicht mehr Plätze im Raucherraum als im übrigen Lokal) verstoßen, was zu einer entsprechenden Einschränkung des Unterlassungsgebots führen müsste. An der Unzulässigkeit des Rauchens im „Hauptraum“ änderte sich jedoch nichts. Die Beklagte bliebe daher weiterhin verpflichtet, dort für die Einhaltung des Rauchverbots zu sorgen.
Die Wahrscheinlichkeit einer den Unterlassungsanspruch verneinenden Entscheidung im Hauptverfahren ist daher, anders als in den vom Rekursgericht zur Begründung der Sicherheitsleistung herangezogenen glücksspielrechtlichen Entscheidungen, sehr gering. Auch wenn die Einhaltung der Nichtraucherschutzbestimmungen – trotz der Möglichkeit, das Rauchen im kleinsten Gastraum zu gestatten, was den Restaurantbetrieb im zweitgrößten Raum nicht beeinträchtigte – mit einem Umsatzverlust verbunden sein könnte, besteht daher kein Anlass, die einstweilige Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.