OGH: Zum Vorkaufsrecht für „andere Veräußerungsarten“
§ 1078 ABGB eröffnet nicht die Möglichkeit, jeden erdenklichen Fall als „andere Veräußerungsart“ festzulegen; selbst ein pauschales erweitertes Vorkaufsrecht kann sich nur auf solche „andere Veräußerungsarten“ erstrecken, die in LuRsp als zulässig angesehen werden
§ 9 GBG, § 1078 ABGB
GZ 5 Ob 168/16s, 01.03.2017
OGH: Die Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf „andere Veräußerungsarten“ iSd § 1078 ABGB bedarf einer besonderen Vereinbarung. Andere Veräußerungsarten sind nach der Rsp alle Geschäfte, die das endgültige Ausscheiden einer Sache aus dem Vermögen einer Person und die Übertragung auf eine andere bezwecken oder bewirken. Beim Kaufvertrag ist das Verkaufsinteresse typischerweise auf die von der Person des Käufers unabhängige Geldleistung gerichtet, die grundsätzlich von jedermann erbracht werden kann. Unter anderen Veräußerungsarten sind dagegen solche Vertragstypen zu verstehen, bei denen sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, dass der typische Vertragszweck im besonderen Maß an der Person des Partners oder an der von ihm zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert ist, der Veräußerung somit idR immaterielle, an die Person des Erwerbers gebundene Motive zugrunde liegen oder die auf eine nicht substituierbare Gegenleistung gerichtet ist. Dazu zählen ausgedingsähnliche Leistungen aus einem Übergabsvertrag oder die Einbringung als Sacheinlage in eine Gesellschaft, nicht aber die gesetzliche Erbfolge oder die Ersitzung.
Im vorliegenden Fall soll der Vorkaufsfall ausgelöst werden, wenn einer der vorkaufsberechtigten Miteigentümer kinderlos stirbt oder eine Teilungsklage in Ansehung der im Miteigentum der Vorkaufsberechtigten und -verpflichteten stehenden Liegenschaft einbringt.
§ 1078 ABGB eröffnet nicht die Möglichkeit, jeden erdenklichen Fall als „andere Veräußerungsart“ festzulegen. Selbst ein pauschales erweitertes Vorkaufsrecht kann sich nur auf solche „andere Veräußerungsarten“ erstrecken, wie sie in LuRsp als zulässig angesehen werden. Danach liegt ein Vorkaufsfall nur dann vor, wenn der Eigentumsübergang auf einer rechtsgeschäftlichen, allenfalls auch letztwilligen Verfügung des Vorkaufsverpflichteten beruht. Im Fall des kinderlosen Versterbens fällt aber die Liegenschaft zunächst in die Verlassenschaft und danach mangels Vorliegens einer letztwilligen Verfügung - falls vorhanden - an gesetzliche Erben, zu denen nicht nur Kinder zählen. Nur iVm dem Eigentumsübergang an mit letztwilliger Verfügung berufene Rechtsnachfolger könnte das kinderlose Versterben einen Vorkaufsfall darstellen. Eine solche Beschränkung sieht der Vertrag jedoch nicht vor.
Ebensowenig erfüllt die Einbringung einer Teilungsklage die Kriterien einer Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft durch Rechtsgeschäft oder letztwillige Verfügung. Es handelt sich somit nicht um ein nach § 9 GBG eintragbares Vorkaufsrecht.