18.05.2017 Verfahrensrecht

VwGH: Zu den Anforderungen an Sachverständigengutachten

Eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe des Urteiles erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich das Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, (nachvollziehbar) erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar


Schlagworte: Sachverständige, Gutachten, Begründung, Beweismittel
Gesetze:

 

§ 52 AVG, § 37 AVG

 

GZ Ra 2016/19/0350, 22.03.2017

 

VwGH: Ein Sachverständigengutachten, das von der Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt wird, muss ausreichend begründet sein. Der Sachverständige muss in seinem Gutachten darlegen, auf welchem Weg er zu seiner Schlussfolgerung gekommen ist, damit eine Überprüfung der Schlüssigkeit des Gutachtens vorgenommen werden kann. Das Gutachten muss einen Befund und ein Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe des Urteiles erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich das Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, (nachvollziehbar) erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht.

 

Im vorliegenden Fall lassen die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nicht erkennen, worauf er seine Schlussfolgerungen stützt. Der Sachverständige hat sich dazu in der Verhandlung nur insoweit geäußert, als er erklärt hat, Beilagen zum Akt zu geben. Dabei handelt es sich erkennbar um drei im Akt des BVwG befindliche Unterlagen; nämlich ein Erkenntnis des Asylgerichtshofes aus dem Jahr 2012 sowie zwei Artikel aus den Internetauftritten einer Hilfsorganisation und eines Nachrichtenunternehmens. Es bleibt allerdings im Dunkeln, welche Tatsachenfeststellungen (welcher Befund) vom Sachverständigen aus diesen Unterlagen gewonnen wurden, zumal in diesen auf die vom Sachverständigen behandelte Fragestellung auch nur in sehr allgemeiner Form eingegangen wird.