17.04.2017 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zulässigkeit des Rechtsweges für deliktische Ansprüche gegen Landesorgane

Die Vermögensverwaltung eines Landes ist Teil der Fiskalverwaltung und fällt in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung


Schlagworte: Zulässigkeit des Rechtswegs, Schadenersatzrecht, Amtshaftung, Organ, Hoheitsverwaltung, Privatwirtschaftsverwaltung, Land Kärnten, Landeshauptmann, Delikt
Gesetze:

 

§ 1 AHG, § 9 AHG, K-LHG, §§ 1295 ff ABGB

 

GZ 1 Ob 201/16i, 27.02.2017

 

OGH: Sowohl im Bereich der Hoheitsverwaltung als auch der Privatwirtschaftsverwaltung kann der Staat für das (ihm zurechenbare) Handeln seiner Vertreter haftbar gemacht werden. Nach § 1 Abs 1 AHG steht dem Geschädigten aber kein materieller Anspruch gegenüber dem hoheitlich handelnden Schädiger zu; zum Schutz des Organs (bereits vor allenfalls uneinbringlichen Kosten eines Prozesses) ist zudem der ordentliche Rechtsweg für eine Klage gegen das Organ unzulässig (§ 9 Abs 5 AHG). Demgegenüber haftet nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts der Schädiger - auch wenn er bloß als Vertreter, Gehilfe oder Repräsentant aufgetreten ist - bei vorsätzlicher Schädigung (wie hier beim Kärntner Landeshauptmann behauptet) dem Geschädigten direkt ex delicto.

 

Zu den besonders wichtigen Aufgaben eines Landes zählen nicht nur die Hoheitsverwaltung, sondern va auch die Privatwirtschaftsverwaltung, ist doch die Landesregierung nicht nur oberstes Vollzugsorgan der hoheitlichen Vollziehung, sondern auch das oberste Organ des Landes als Träger von Privatrechten und verwaltet das Landesvermögen. Die Vermögensverwaltung ist Teil der Fiskalverwaltung und fällt in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung; überhaupt gehört die Ausübung des Eigentumsrechts zur Privatwirtschaftsverwaltung.

 

Die hier angesprochene bloße Möglichkeit einer indirekten Einflussnahme des Landeshauptmanns auf die Vorstände der Kärntner Landesholding, nämlich über den Weg der Befugnisse der Landesregierung bei der Bestellung (oder Abberufung) der (privatwirtschaftlich tätigen) Aufsichtsratsmitglieder der Holding, welche wiederum ihrerseits die Vorstände hätten abberufen können, weist noch keinen ausreichenden Zusammenhang mit hoheitlichen Befugnissen auf. Weder war der Landeshauptmann (selbst) befugt, Vorstände abzuberufen, noch bestand ein derartiger Anschein einer Befugnis. Es fehlt daher beim klagsgegenständlichen Vorwurf der Bestimmung der Vorstände der Landesholding zur Untreue ein ausreichender Konnex mit hoheitlichen Befugnissen des Landeshauptmanns, weshalb für die daraus abgeleiteten Schadenersatzansprüche der Rechtsweg zulässig ist.