11.04.2017 Verfahrensrecht

OGH: Zum materiellen ordre public im Schiedsverfahren

Die Annahme, der materielle ordre public sei strenger zu prüfen, wenn der Aufhebungskläger aufgrund einer Monopolsituation faktisch gezwungen war, sich der Schiedsklausel zu unterwerfen, ist vertretbar


Schlagworte: Schiedsverfahren, materieller ordre public, Verbot der révision au fond, Monopolist, Fußball, Lizenz, Präklusion von Vorbringen und Beweismittel
Gesetze:

 

§ 611 Abs 2 Z 8 ZPO

 

GZ 18 OCg 6/16f, 02.03.2017

 

OGH: Der Aufhebungsgrund des Verstoßes gegen den materiellen ordre public ist nur verwirklicht, wenn das Ergebnis des Schiedsspruchs Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung in unerträglicher Weise verletzt. Hingegen ist nicht zu prüfen, ob das Schiedsgericht die im Schiedsverfahren aufgeworfenen Tat- und Rechtsfragen richtig gelöst hat; eine révision au fond ist unzulässig.

 

Zwar ist die Annahme vertretbar, dass dieser Aufhebungsgrund strenger zu prüfen ist, wenn der Aufhebungskläger aufgrund einer Monopolsituation faktisch gezwungen war, sich der Schiedsklausel zu unterwerfen (faktisch fehlende Freiwilligkeit der Schiedsklausel).

 

Vorliegend hatte das Schiedsgericht eine Entscheidung des Protestkomitees über die (Nicht-) Vergabe einer Lizenz für die Fußball-Bundesliga zu überprüfen. Dabei ist die im „Lizenzierungshandbuch“ vorgesehene Präklusion von Vorbringen und Beweismitteln mit Ablauf der Protestfrist von einer Woche nicht zu beanstanden. Denn diese Präklusion würde unterlaufen, müsste das Schiedsgericht aufgrund der ihm vorgelegten Beweismittel und des bei ihm erstatteten Vorbringens neuerlich in der Sache über die Erteilung der Lizenz entscheiden. Die Präklusion als solche ist auch unter Berücksichtigung der Monopolstellung des Beklagten unbedenklich, da sie die Gleichbehandlung der Lizenzwerber und eine zeitgerechte Entscheidung über die Lizenzanträge sicherstellt.