20.02.2017 Zivilrecht

OGH: Unleidliches Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG

Der Beklagte hat Lärmbelästigungen und eine zeitweilige, inzwischen eingestellte Videoüberwachung seines Carports nach der Beschädigung seines Pkws, von der auch vorbeikommende andere Mieter und Dritte erfasst wurden, zu vertreten; entscheidend ist aber, dass er die Mieterin eines Nachbarobjekts (einer im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnanlage) jedenfalls mehr als 50-mal, die Familie eines Mieters im selben Haus – trotz deren Einwände – „laufend, wenn auch mit unterschiedlicher Häufigkeit“ und andere Mieter beim Rasenmähen in Badebekleidung oder beim Sonnenbaden fotografierte; wenn die Vorinstanzen darin schwerwiegende und fortgesetzte Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mieter und ihrer Angehörigen erkannt haben, die künftig kein gedeihliches Zusammenleben der „Mitbewohner“ mehr erwarten lassen, ist darin jedenfalls keine unvertretbare Einzelfallbeurteilung zu erkennen


Schlagworte: Mietrecht, Kündigung, unleidliches Verhalten, Fotografieren, Nachbarn
Gesetze:

 

§ 30 MRG, § 1118 ABGB

 

GZ 5 Ob 236/16s, 23.01.2017

 

OGH: Erheblich nachteiliger Gebrauch gem § 1118 erster Fall ABGB umfasst sowohl den Tatbestand des nachteiligen Gebrauchs iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG als auch jenen des unleidlichen Verhaltens iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG. Ein unleidliches Verhalten liegt dann vor, wenn das friedliche Zusammenleben durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen gestört wird. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG setzt erhebliche Störungen des friedlichen Zusammenlebens voraus. Schwerwiegend ist ein Vorfall, wenn er das Maß des Zumutbaren überschreitet und objektiv geeignet erscheint, auch nur einem Mitbewohner das Zusammenleben zu verleiden. Es kommt daher – entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht – nicht schlechthin darauf an, ob Abhilfe auf andere Art als durch Kündigung möglich ist, sondern – selbst im Fall der Möglichkeit einer solchen Abhilfe – darauf, ob ein gedeihliches Zusammenleben der „Mitbewohner“ weiterhin gewährleistet ist. Zu all diesen Voraussetzungen liegt bereits umfangreiche Rsp des OGH vor, die angesichts des vorliegenden Einzelfalls keiner Verbreiterung bedarf.

 

Der Beklagte hat Lärmbelästigungen und eine zeitweilige, inzwischen eingestellte Videoüberwachung seines Carports nach der Beschädigung seines Pkws, von der auch vorbeikommende andere Mieter und Dritte erfasst wurden, zu vertreten. Entscheidend ist aber, dass er die Mieterin eines Nachbarobjekts (einer im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnanlage) jedenfalls mehr als 50-mal, die Familie eines Mieters im selben Haus – trotz deren Einwände – „laufend, wenn auch mit unterschiedlicher Häufigkeit“ und andere Mieter beim Rasenmähen in Badebekleidung oder beim Sonnenbaden fotografierte. Wenn die Vorinstanzen darin schwerwiegende und fortgesetzte Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mieter und ihrer Angehörigen erkannt haben, die künftig kein gedeihliches Zusammenleben der „Mitbewohner“ mehr erwarten lassen, ist darin jedenfalls keine unvertretbare Einzelfallbeurteilung zu erkennen.