13.02.2017 Zivilrecht

OGH: § 16 WEG 2002 und zur Frage, ob „der Betrieb eines behördlich bewilligten Chinarestaurants samt dem Einbau der erforderlichen Lüftungsanlage mit den damit typischerweise verbundenen Beeinträchtigungen dem Antragsgegner im Hinblick auf die Widmung als Geschäftslokal jedenfalls zumutbar ist“

Der Antragsgegner bezieht sich auf die vom Erstgericht angenommene Spezifizierung der Widmung der Wohnungseigentumseinheit Top 1 als Bankfiliale und meint, dass bei Aufnahme eines weiteren Gastronomiebetriebs mit der Verdoppelung der Beeinträchtigung zu rechnen sei und verweist zudem auf eine „vorherrschende“ Konkurrenzsituation; abgesehen davon, dass er gar nicht ausführt, welche Art von Beeinträchtigung er genau fürchtet, betont er selbst, dass stets auf die konkrete Benützungssituation der Gesamtliegenschaft abzustellen ist; maßgeblich ist damit, dass beide Wohnungseigentumsobjekte als Geschäftsräumlichkeiten gewidmet sind, wobei das Haus seit Aufgabe des Bankbetriebs ausschließlich für Beherbergungs- und Gastronomiezwecke genutzt wird, sodass der Aufnahme eines (weiteren) Gastbetriebs nicht ein solches Gewicht zukommt, wie dies etwa in einem Objekt mit einer Widmung auch zu Wohnzwecken der Fall sein kann; auch wird nach den Feststellungen im Wohnungseigentumsobjekt des Antragsgegners zwischenzeitig kein Gastbetrieb mehr geführt, sodass auch dessen Argumentation mit einer „vorherschenden“ Konkurrenzsituation ins Leere gehen muss; eine über die behauptete Konkurrenzsituation hinausgehende Beeinträchtigung wesentlicher Interessen spricht der hierfür behauptungs- und beweispflichtige Antragsgegner konkret auch gar nicht an


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Änderungen, Widmung, Geschäftslokal, Gastronomiebetrieb
Gesetze:

 

§ 16 WEG 2002

 

GZ 5 Ob 150/16v, 23.01.2017

 

OGH: Die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer dem § 16 Abs 2 WEG zu unterstellenden Änderung hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und begründete damit – von einer Überschreitung des ihm eingeräumten Ermessens durch das Gericht zweiter Instanz abgesehen – regelmäßig keine Rechtsfrage von der Bedeutung gem § 62 Abs 1 AußStrG. Das gilt sowohl für den Fall der Aufnahme eines Gaststättenbetriebs, wenn bisher kein solcher Betrieb im Wohnungseigentumshaus situiert war, als auch im Fall der Errichtung eines zweiten solchen Betriebs bei Vorhandensein bereits eines gastgewerblichen Betriebs. In jedem Fall kommt es auf das vom Einzelfall abhängige Ausmaß der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer an.

 

Indem das Rekursgericht in seiner Zulassungsbegründung auf die Zumutbarkeit der mit dem Betrieb eines Restaurants typischerweise verbundenen Beeinträchtigungen abstellt, spricht es ausschließlich Fragen des Einzelfalls an, die eine erhebliche Rechtsfrage nur begründen könnten, wenn es den ihm eingeräumten Wertungspielraum überschritten hätte. Das ist nicht der Fall:

 

Allgemein gilt, dass eine – wie hier durch die Antragstellerin – angestrebte Widmungsänderung nur abgewehrt werden kann, wenn sie mit wesentlichen Interessen anderer Wohnungseigentümer kollidiert. Zu den mit der Aufnahme eines Gaststättenbetriebs verbundenen Beeinträchtigungen vertritt die Rsp die Ansicht, dass diese besonders stark ins Gewicht fallen, wenn bisher kein solcher Betrieb im Wohnungseigentumshaus situiert war. Auch wurde bereits ausgesprochen, dass bei Vorhandensein bereits eines gastgewerblichen Betriebs die Errichtung eines zweiten solchen Betriebs wegen der Verdoppelung der Beeinträchtigungen nicht zumutbar sein kann. Entscheidend ist aber stets das konkrete Ausmaß der Beeinträchtigung. Die (rechtliche) Annahme, ein (weiterer) gastgewerblicher Betrieb sei jedenfalls – unbeschadet tatsächlicher oder zu befürchtender Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer – nicht genehmigungsfähig, ist durch höchstgerichtliche Rsp nicht gedeckt.

 

Der Antragsgegner bezieht sich auf die vom Erstgericht angenommene Spezifizierung der Widmung der Wohnungseigentumseinheit Top 1 als Bankfiliale und meint, dass bei Aufnahme eines weiteren Gastronomiebetriebs mit der Verdoppelung der Beeinträchtigung zu rechnen sei und verweist zudem auf eine „vorherrschende“ Konkurrenzsituation. Abgesehen davon, dass er gar nicht ausführt, welche Art von Beeinträchtigung er genau fürchtet, betont er selbst, dass stets auf die konkrete Benützungssituation der Gesamtliegenschaft abzustellen ist. Maßgeblich ist damit, dass beide Wohnungseigentumsobjekte als Geschäftsräumlichkeiten gewidmet sind, wobei das Haus seit Aufgabe des Bankbetriebs ausschließlich für Beherbergungs- und Gastronomiezwecke genutzt wird, sodass der Aufnahme eines (weiteren) Gastbetriebs nicht ein solches Gewicht zukommt, wie dies etwa in einem Objekt mit einer Widmung auch zu Wohnzwecken der Fall sein kann. Auch wird nach den Feststellungen im Wohnungseigentumsobjekt des Antragsgegners zwischenzeitig kein Gastbetrieb mehr geführt, sodass auch dessen Argumentation mit einer „vorherschenden“ Konkurrenzsituation ins Leere gehen muss. Eine über die behauptete Konkurrenzsituation hinausgehende Beeinträchtigung wesentlicher Interessen spricht der hierfür behauptungs- und beweispflichtige Antragsgegner konkret auch gar nicht an.

 

Soweit – wie hier zur Herstellung von Mauerdurchbrüchen für die Lüftungsanlage – auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, bedarf es zudem eines wichtigen Interesses des die Änderung anstrebenden Wohnungseigentümers iSd § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002. Der Antragsgegner meint, ein solches wichtiges Interesse der Änderungswerberin fehle hier schon wegen der umfangreichen Inanspruchnahme von Allgemeinflächen. Abgesehen davon, dass allein mit dieser Argumentation dem vom Rekursgericht bejahten wichtigen Interesse der Antragstellerin an der mit der Herstellung der Lüftungsanlage verbundenen Inanspruchnahme allgemeiner Teile des Hauses nicht tauglich entgegengetreten werden kann, weil das Interesse eines Wohnungseigentümers an der Durchführung einer Änderung nicht proportional zum Ausmaß der in Anspruch genommenen Allgemeinflächen abnimmt, lässt sich auch die vom Antragsgegner behauptete umfangreiche Inanspruchnahme von Allgemeinflächen mit den vom Rekursgericht beurteilten Lichtbildern nicht in Einklang bringen. Soweit er jedoch die äußere Erscheinung des Hauses beeinträchtigt sieht, verschweigt er, dass sich die drei Mauerdurchbrüche nicht an der straßenseitigen Hauptfassade befinden, sondern dem Parkplatz zugewandt sind. Es begründete daher keine Überschreitung des dem Rekursgericht eingeräumten Bewertungsspielraums, wenn es das Erscheinungsbild des Hauses als nicht beeinträchtigt ansah, sodass auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Mit seinen Ausführungen zur Möglichkeit einer Entlüftung über das Dach zielt der Revisionsrekurswerber auf eine Beeinträchtigung durch die von der Antragstellerin errichteten Lüftungsanlage ab, geht dabei jedoch nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, demzufolge nicht festgestellt werden konnte, dass mit der Lüftungsanlage eine unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigung verbunden wäre.

 

Soweit der Antragsgegner seine Interessen als Eigentümer der Nachbarliegenschaft ins Treffen führt, ist darauf schon deshalb nicht näher einzugehen, weil bei der Beurteilung von dem § 16 Abs 2 WEG zu unterstellenden Änderungen ausschließlich die Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft relevant sind