13.02.2017 Zivilrecht

OGH: Zum Unterlassungsanspruch nach § 1330 ABGB

Auch bei verschuldensunabhängigen Unterlassungsansprüchen, die aus dem Recht auf Ehre als absolutes Gut bzw dem Persönlichkeitsrecht abgeleitet werden, sind für „Repräsentanten“ die im Bereich des Sachenrechts für die actio negatoria entwickelten Kriterien sachgerecht


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Ehrverletzung, Rufschädigung, Verschulden, Unterlassung, mittelbarer Störer, actio negatoria
Gesetze:

 

§ 1330 ABGB, § 523 ABGB, § 16 ABGB

 

GZ 6 Ob 203/16w, 22.12.2016

 

OGH: § 1330 ABGB normiert eine deliktische Haftung wegen Ehrenbeleidigung und Rufschädigung. Voraussetzung für Ansprüche nach dieser Gesetzesstelle ist daher zumindest leichte Fahrlässigkeit. Daher kann der Geschädigte nach § 1330 Abs 1 ABGB bei leichter Fahrlässigkeit den positiven Schaden und bei grober Fahrlässigkeit den entgangenen Gewinn fordern. Nur bei Rufschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB kann zusätzlich der Widerruf und die Veröffentlichung des Widerrufs verlangt werden. Nach neuerer Auffassung handelt es sich bei § 1330 ABGB aber nicht nur um eine deliktische Haftungsregelung. Dahinter stehen vielmehr die Ehre und der wirtschaftliche Ruf als absolute Rechte iSd § 16 ABGB. Der Inhaber eines absolut geschützten Rechts ist aber auch berechtigt, Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Daher gewährt die jüngere Rsp bei beiden Tatbeständen des § 1330 ABGB einen - abgesehen vom Fall des § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB - verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch.

 

Bei der sog "Repräsentantenhaftung" juristischer Personen für ehrenbeleidigende Äußerungen ihrer Organe und leitenden Funktionäre wird ebenso wie beim verwandten Problem der Haftung des mittelbaren Störers im Besitzrecht darauf abgestellt, dass durch den Einsatz von Gehilfen der eigene Aktionsradius erweitert wird. Wesentlicher Gesichtspunkt ist auch die abstrakte Beherrschbarkeit der Gefahr. Für die Beurteilung der Möglichkeit zur Abhilfe kommt es auf die Beziehung zwischen Störer und Drittem an. Dabei ist nicht nur die Möglichkeit als solche entscheidend, sondern auch, auf welche Weise der Dritte seinen Einfluss ausüben kann und mit welchen Nachteilen dies gegebenenfalls für den Dritten verbunden ist. Je leichter der „Geschäftsherr“ auf den unmittelbaren Störer Einfluss nehmen kann, umso eher ist seine Haftung gerechtfertigt. Dabei ist auch hervorzuheben, dass die Identität des unmittelbaren Störers dem Beeinträchtigten vielfach unbekannt ist. Handelt der unmittelbare Störer im Interesse oder im Verantwortungsbereich eines Dritten, so ist dem Gestörten mit einem Anspruch bloß gegen den jederzeit austauschbaren unmittelbaren Störer wenig geholfen. Auch bei verschuldensunabhängigen Unterlassungsansprüchen, die aus dem Recht auf Ehre als absolutes Gut bzw dem Persönlichkeitsrecht (§ 16 ABGB) abgeleitet werden, sind die im Bereich des Sachenrechts für absolut geschützte Rechte für die actio negatoria entwickelten Kriterien sachgerecht.