OGH: Zur Präklusion im Außerstreitverfahren
Die unrichtige Annahme der Präklusionsvoraussetzungen des § 33 Abs 2 AußStrG kann - im Gegensatz zur Zulassung weiteren Vorbringens oder der Aufnahme weiterer Beweise entgegen dieser Vorschrift - als Verfahrensmangel geltend gemacht werden; lässt das Rekursgericht vom Erstgericht präkludiertes Tatsachenvorbringen oder Beweisanbote zu, kann daraus kein tauglicher Revisionsrekursgrund abgeleitet werden
§ 33 AußStrG
GZ 2 Ob 150/16x, 16.11.2016
OGH: Nach § 33 Abs 2 AußStrG kann das Gericht nicht erwiesenes Tatsachenvorbringen unberücksichtigt lassen und von der Aufnahme von Beweisen Abstand nehmen, wenn solche Tatsachen oder Beweise von einer Partei verspätet vorgebracht oder angeboten werden und bei sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände kein vernünftiger Zweifel besteht, dass damit das Verfahren verschleppt werden soll und die Zulassung die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde.
Nach dem Gesetzeswortlaut „kann“ das Gericht bei Verschleppungsabsicht und erheblicher Verzögerung von der Aufnahme von Beweisen Abstand nehmen. Die Präklusionsvorschrift wirkt nicht „absolut“ und gleichsam als Strafsanktion, sondern es besteht schon aufgrund der amtswegigen Aufklärungspflicht die Möglichkeit, auch Hinweisen nachzugehen, die von Parteienseite her nur als Verschleppung charakterisiert werden könnten. Sollte das Gericht der Meinung sein, dass diese verschleppenden Tatsachenvorbringen oder Beweisanträge doch einen berechtigten Kern hätten, so steht es ihm ungeachtet des Abs 2 iSd Grundregel des Abs 1 frei, die Beweisaufnahme durchzuführen.
Ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens kann aus der Zulassung weiteren Vorbringens oder der Aufnahme weiterer Beweise jedenfalls nicht abgeleitet werden. Die unrichtige Annahme der Präklusionsvoraussetzungen durch das Erstgericht begründet einen Mangel des Verfahrens erster Instanz, der im Rekurs mit Verfahrensrüge geltend zu machen ist. Erkennt das Rekursgericht in einem solchen Fall einen Verfahrensmangel iSd Ergänzungsbedürftigkeit der Tatsachengrundlage, bildet eine allfällige Unrichtigkeit dieser Beurteilung keinen tauglichen Revisionsrekursgrund, sofern die Fehlbeurteilung nicht auf aktenwidriger Grundlage beruht, nicht zugleich auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliegt oder die Klärung einer Tatfrage amtswegig, etwa aus Gründen des Kindeswohls, erforderlich ist. Lässt das Rekursgericht vom Erstgericht präkludiertes Tatsachenvorbringen oder Beweisanbote zu, dann kann daraus allein selbst im Fall tatsächlich unzweifelhafter Verfahrensverschleppung kein tauglicher Revisionsrekursgrund abgeleitet werden, ist doch die Anwendung des § 33 Abs 2 AußStrG ohnehin nicht zwingend vorgeschrieben. Dies entspricht auch der Rsp zu Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichts: Auch im Außerstreitverfahren ist der OGH nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz; er kann daher Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichts nicht entgegentreten. Selbst wenn Verschleppungsabsicht oder Rechtsmissbrauch vorläge, kann der OGH dies bei einem Ergänzungsauftrag des Rekursgerichts nicht mehr aufgreifen.