17.01.2017 Zivilrecht

OGH: Zum Begriff „Endprodukt“ (PHG)

Endprodukt ist das Produkt in jener Form, in der es nach der Verkehrsauffassung für den Vertrieb bestimmt und vom Abnehmer verwendet werden kann; durch das Verpacken für den Transport entsteht kein neues Endprodukt


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Produkthaftung, Teilprodukt, Endprodukt, Verpackung, Transport, Versendung
Gesetze:

 

§ 1 PHG, § 2 PHG, § 5 PHG

 

GZ 7 Ob 175/16k, 30.11.2016

 

OGH: Das PHG unterscheidet zwischen Teil- und Endprodukten (vgl § 4 und § 8 Z 3 PHG) und knüpft die Verantwortlichkeit der Hersteller an ihr Produkt an. „Endprodukt“ ist das mitunter sehr komplexe und aus vielen Einzelteilen zusammengesetzte „fertige“ Produkt, wie es für den Vertrieb bestimmt ist und vom Konsumenten üblicherweise zum Ge- oder Verbrauch erworben wird. Ob etwas Teil des Produkts oder eine davon verschiedene selbständige Sache ist, muss nach der bestehenden Verkehrsauffassung beurteilt werden. Es kommt auf den typischen Eindruck eines Abnehmers des Produkts an; die sachenrechtliche Zuordnung ist nicht entscheidend. Hersteller eines (neuen) Produkts sind auch Unternehmer, die vorfabrizierte Teile einer Sache zu einem Produkt zusammensetzen. Die Rsp bejaht auch die Haftung für Unfälle infolge explodierender Getränkeflaschen oder explosionsartig abschleudernder Verschlusskappen nach dem PHG. In diesen Fällen wird die Getränkeflasche (Flasche mit Getränk) als Endprodukt qualifiziert. Die Flasche ist die Originalverpackung, mit der der Hersteller des Produkts dieses versieht, wobei es keiner näheren Ausführungen bedarf, dass nach der bestehenden Verkehrsauffassung die Lieferung von Getränken in Behältnissen erwartet und somit die Getränkeflasche als Endprodukt anzusehen ist.

 

Als Endprodukt ist das Produkt in jener Form zu definieren, in der es nach der Verkehrsauffassung für den Vertrieb bestimmt ist und in der es der Abnehmer verwenden kann. Dient die Verpackung eines bereits hergestellten, fertigen Produkts, ohne Einfluss auf die Substanz dieses Produkts zu nehmen, lediglich der Vorbereitung des Transports und der Sicherstellung, dass das Produkt selbst dabei nicht beschädigt wird, und somit bloß dem Produktvertrieb, dann entsteht durch das Verpacken kein neues Endprodukt.

 

Im vorliegenden Fall ist das fertige Produkt die Dämmstoffrolle. Ihre in größerer Anzahl erfolgte Zusammenfassung auf einer Palette und deren Umwicklung mit Kunststofffolie diente nur dem Vertrieb. Weder wurde durch die Verpackung in die Substanz des Produkts (Dämmstoffrolle) eingegriffen, noch erwartet der Abnehmer des fertigen Produkts die hier gegenständliche Verpackung. Nach der Verkehrsauffassung entstand damit kein Endprodukt.