03.01.2017 Wirtschaftsrecht

OGH: Eintragung der Wortbildmarke „FairUse“?

Der Begriff „Fair Use“ wird inzwischen auch im deutschsprachigen Raum verwendet, etwa als Schlagwort für eine Reform des Urheberrechts; es liegt daher nahe, bei Informationsangeboten diesen Begriff als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Nutzung dieses Angebots nicht von einer vertraglichen Lizenz abhängig ist, sondern unter der Einschränkung des „Fair Use“ allgemein zulässig ist; damit weist dieser Begriff aber nicht auf die Herkunft dieser Informationsangebote aus einem bestimmten Unternehmen hin, sondern wird vielmehr als bloße Beschreibung der Nutzungsbedingungen verstanden werden; ebenso vertretbar ist die Auffassung, dass die typografischen Merkmale und die Schreibweise der Wortbildmarke „FairUse“ nicht so auffällig sind, dass sie geeignet wären, den maßgeblichen Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen zu garantieren


Schlagworte: Markenschutzrecht, Eintragungshindernis, Unterscheidungskraft, FairUse
Gesetze:

 

§ 4 MSchG

 

GZ 4 Ob 180/16y, 25.10.2016

 

OGH: Die Hauptfunktion der Marke ist ihre Herkunftsfunktion; sie soll dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Deshalb sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben oder die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder nach den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind (§ 4 Abs 1 Z 3 und 5 MSchG). Beide Ausschlussgründe sind zwar gesondert zu prüfen, überschneiden sich aber, weil bloß beschreibenden Zeichen typischerweise auch keine Unterscheidungskraft zukommt.

 

Ob eine Marke unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ist, muss unter Berücksichtigung aller Tatumstände nach Maßgabe der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise beurteilt werden. Entscheidend ist dabei nicht so sehr, ob die Marke an sich Unterscheidungskraft besitzt, sondern va, ob sie im Geschäftsverkehr als Zeichen der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst werden kann, wobei beteiligte Verkehrskreise alle Personen sind, die als Erwerber der Waren in Betracht kommen, also insbesondere auch die Verbraucher. Bereits das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann entscheidend sein und das Registrierungshindernis bewirken. Dies auch ungeachtet des Umstands, dass es sich um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt.

 

Von der Eintragung ausgeschlossen sind Zeichen, die ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehen. Nur beschreibend und damit nicht schutzfähig sind Angaben, wenn sie innerhalb der beteiligten Verkehrskreise ohne besondere Denkarbeit oder komplizierte Schlussfolgerungen als Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware aufgefasst werden. Bei bloßen Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit des zu kennzeichnenden Gegenstands liegt aber keine beschreibende Angabe vor.

 

Der EuGH hat darüber hinaus auch ausgesprochen, dass nicht nur die Eintragung einer ausschließlich beschreibenden Wortverbindung, sondern auch einer solchen Wortverbindung unzulässig ist, die geeignet ist, von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren- oder Dienstleistungen verwendet zu werden. Dies erklärt sich aus der Überlegung, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, dass Zeichen oder Angaben, die Waren- oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können, weshalb es nicht erlaubt ist, dass solche Zeichen oder Angaben einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden. Eine Eintragung ist deshalb schon dann unzulässig, wenn das Wort-Bildzeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet.

 

Die Frage, ob ein bestimmter Begriff Unterscheidungskraft besitzt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und wirft daher – grobe Fehlbeurteilung ausgenommen – keine erhebliche Rechtsfrage auf.

 

„FairUse“ (angemessene Verwendung) bezeichnet im amerikanischen Urheberrecht die bestimmte, nicht autorisierte Nutzung von geschütztem Material unter bestimmten Voraussetzungen (17 U.S. Code § 107-Limitations on exclusiv rights: FairUse) und erfüllt eine vergleichbare Funktion wie die Schrankenbestimmungen des kontinentalen europäischen Urheberrechts. Ob eine Verwendung urheberrechtlich geschützten Materials angemessen ist oder nicht, ist nach der zitierten amerikanischen Norm im Einzelfall nach dem Zweck und der Art der Verwendung, insbesondere für kommerzielle Zwecke oder für nicht gewerbliche schulische Zwecke, der Art des urheberrechtlich geschützten Werks, dem Umfang und der Bedeutung des verwendeten Auszugs im Verhältnis zum ganzen Werk und der Auswirkung der Verwendung auf den Wert und die Verwertung des geschützten Werks abzuwägen.

 

Der Begriff „Fair Use“ wird inzwischen auch im deutschsprachigen Raum verwendet, etwa als Schlagwort für eine Reform des Urheberrechts. Es liegt daher nahe, bei Informationsangeboten diesen Begriff als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Nutzung dieses Angebots nicht von einer vertraglichen Lizenz abhängig ist, sondern unter der Einschränkung des „Fair Use“ allgemein zulässig ist. Damit weist dieser Begriff aber nicht auf die Herkunft dieser Informationsangebote aus einem bestimmten Unternehmen hin, sondern wird vielmehr als bloße Beschreibung der Nutzungsbedingungen verstanden werden. Ebenso vertretbar ist die Auffassung, dass die typografischen Merkmale und die Schreibweise der Wortbildmarke „FairUse“ nicht so auffällig sind, dass sie geeignet wären, den maßgeblichen Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen zu garantieren.

 

Da der Begriff „FairUse“ keine Neuschöpfung ist, sondern vielmehr bereits im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet und von den angesprochenen Verbrauchern ohne weitere Denkschritte als Hinweis auf bestimmte Nutzungsbedingungen verstanden wird, geht der von der Revisionsrekurswerberin angestellte Vergleich/der von ihr erblickte Widerspruch zu C-383/99 P, Baby-dry sowie 4 Ob 117/03i, Computerdoktor ins Leere. In beiden Fällen war von einer Neuschöpfung und der Ungewöhnlichkeit der Kombination der Einzelbegriffe in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen auszugehen. Die neue Begriffsverbindung erzeugte einen Eindruck, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteil zu entnehmenden Angaben entsteht und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht.