26.12.2016 Zivilrecht

OGH: Bemessung des Ausstattungsanspruches gem § 1220 ABGB

Im vorliegenden Fall ist nicht außer Acht zu lassen, dass im Jahr der Eheschließung eine das Jahreseinkommen erheblich erhöhende Abfertigungszahlung anfiel und in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurde sowie dass die Höhe des Ausstattungsanspruchs mit 29 % – somit nur knapp unterhalb der von der Rsp gezogenen Höchstgrenze von 30 % – festgesetzt wurde; hat das Rekursgericht die anzurechnende Bemessungsgrundlage dann nicht nur prozentmäßig, sondern um den Nominalbetrag der an die geschiedene Ehegattin geleisteten Unterhaltszahlungen reduziert, ist darin keine vom OGH aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Ermessensüberschreitung zu erblicken; diese Art der Ausmittlung der Bemessungsgrundlage hindert die Antragsgegnerin nicht daran, noch einmal an den Lebensverhältnissen des Antragsgegners angemessen teilzunehmen


Schlagworte: Familienrecht, Ausstattung, Bemessung, Unterhaltspflicht, Abfertigungszahlung
Gesetze:

 

§ 1220 ABGB

 

GZ 10 Ob 77/16w, 25.11.2016

 

OGH: Es entspricht stRsp des OGH, dass der Anspruch auf Bestellung einer Ausstattung nach § 1220 ABGB aus der elterlichen Unterhalts- und Versorgungspflicht hervorgeht und deren letzten Akt bildet. Er ist daher seiner Rechtsnatur nach im weitesten Sinn ein Unterhaltsanspruch und unterliegt – mit gewissen Einschränkungen –unterhaltsrechtlichen Grundsätzen.

 

Bestehen und Höhe des Ausstattungsanspruchs hängt von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der betreffenden Personen im Einzelfall ab. Für die Ermittlung der Höhe des Ausstattungsanspruchs gibt es keine starren Regeln. Von der Rsp wird er unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des konkreten Falls mit etwa 25 % bis höchstens 30 % des anrechenbaren Jahresnettoeinkommens des Ausstattungspflichtigen ausgemessen.

 

Weitere Unterhaltspflichten des Ausstattungspflichtigen wurden in mehreren Entscheidungen des OGH so berücksichtigt, dass vom anrechenbaren Jahreseinkommen der Nominalbetrag der in diesem Jahr geleisteten weiteren (gesetzlichen) Unterhaltspflichten in Abzug gebracht wurde. Insoweit besteht ein Unterschied zum Unterhaltsrecht, wo weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners nicht durch Abzüge ihrer absoluten Höhe von der Unterhaltsbemessungsgrundlage, sondern durch Verminderung der Prozentpunkte vom maßgebenden Unterhaltssatz in Anschlag zu bringen sind.

 

In der Entscheidung 10 Ob 92/04h wurde dieses Abweichen von den Grundsätzen der Unterhaltsbemessung damit begründet, dass im Hinblick auf die durch die Ausstattungspflicht doch erhebliche finanzielle Belastung und die weiteren – im zu beurteilenden Einzelfall vorgelegenen – Umstände die Anrechnung des Nominalbetrags sachgerechter erscheine. Gitschthaler merkt zu dieser Anrechnungsmethode an, dass die Ausstattung mit einem bestimmten Prozentsatz des Jahresnettoeinkommens ausgemessen werde, sodass auch die weiteren Unterhaltspflichten des Ausstattungspflichtigen für dieses konkrete Jahr zu kapitalisieren und von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen seien.

 

Im vorliegenden Fall ist nicht außer Acht zu lassen, dass im Jahr der Eheschließung eine das Jahreseinkommen erheblich erhöhende Abfertigungszahlung anfiel und in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurde sowie dass die Höhe des Ausstattungsanspruchs mit 29 % – somit nur knapp unterhalb der von der Rsp gezogenen Höchstgrenze von 30 % – festgesetzt wurde. Hat das Rekursgericht die anzurechnende Bemessungsgrundlage dann nicht nur prozentmäßig, sondern um den Nominalbetrag der an die geschiedene Ehegattin geleisteten Unterhaltszahlungen reduziert, ist darin keine vom OGH aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Ermessensüberschreitung zu erblicken. Diese Art der Ausmittlung der Bemessungsgrundlage hindert die Antragsgegnerin nicht daran, noch einmal an den Lebensverhältnissen des Antragsgegners angemessen teilzunehmen.

 

Auch mit dem Argument, die mangelnde Praktikabilität der Methode der Anrechnung des Nominalbetrags trete insbesondere dann zu Tage, wenn der Ausstattungspflichtige seiner weiteren Unterhaltspflicht nicht in Geld, sondern durch Gewährung von Naturalunterhalt (etwa während aufrechter Ehe) nachkomme, gelingt es der Revisionsrekurswerberin nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen. Da zur Ermittlung der Höhe des Ausstattungsanspruchs eine gesetzliche Grundlage für die Anwendung eines bestimmten Berechnungssystems fehlt, kann der OGH nur ganz grundsätzlich aussprechen, welche Kriterien bei der Berechnung des Ausstattungsanspruchs im jeweiligen Einzelfall Berücksichtigung zu finden haben, nicht aber ein für alle denkbaren Fälle anwendbares Berechnungssystem erstellen.