26.12.2016 Zivilrecht

OGH: §§ 922 ff ABGB iZm bei direkter Sonneneinstrahlung ausgebleichter Ledersofa

Die Ansicht, im Rechtsverkehr werde nicht allgemein erwartet, dass eine dunkel eingefärbte Ledersitzgarnitur („Wohnlandschaft“), die in einem Abstand von nur 25 cm entlang einer bis zum Fußboden reichenden Glasfront plaziert wird, auf längere Sicht der dadurch bedingten direkten Sonneneinstrahlung standhält ohne auszubleichen, ist nicht zu beanstanden; misst man die berechtigte Erwartungshaltung an der Verkehrsauffassung, stellt die Ansicht, ein durchschnittlicher Käufer gehe unter diesen speziellen Aufstellbedingungen nicht ohne weitere Zusicherung von dauerhafter Farbechtheit aus, keine Fehlbeurteilung dar; das Berufungsgericht verweist dazu auch auf das Sachverständigengutachten, nach dem in der Autoindustrie das für Autositze verwendete Leder zwecks Erzielung von UV-Beständigkeit mehrfach deckend gefärbt und darauf hin getestet wird, während in der Möbel- und Bekleidungsindustrie Lederhäute meist nur schwach pigmentiert werden, um deren Geschmeidigkeit und den weichen Griff zu erhalten


Schlagworte: Gewährleistung, bedungene oder gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften, Ledersofa, direkte Sonneneinstrahlung, Ausbleichen
Gesetze:

 

§§ 922 ff ABGB

 

GZ 10 Ob 72/16k, 11.11.2016

 

OGH: Zur gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaft:

 

Grundsätzlich ist es Sache des Käufers, der keine Bedingung stellt, keine Auskünfte und Belehrungen und damit die Zusage einer bestimmten Eigenschaft verlangt und auch nach dem Verhalten des Verkäufers keine bestimmten Eigenschaften annehmen kann, zu beurteilen, ob eine bestimmte Sache aus dem Verkaufsprogramm des Verkäufers für seine Zwecke geeignet ist.

 

§ 922 Abs 1 ABGB enthält die Vermutung, dass die geschuldete Leistung die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat und dass sie der Natur des Geschäfts oder der getroffenen Vereinbarung gemäß verwendet werden kann. Mangels gegenteiliger Abrede sind diese Eigenschaften als stillschweigend mitvereinbart anzusehen, wobei für die Konkretisierung des Leistungsinhalts im Einzelnen die Verkehrsauffassung und die Natur des Geschäfts (§ 923 ABGB) von Bedeutung sind. Dabei ist grundsätzlich auf die verkehrstypische Verwendung der Ware abzustellen. Als „gewöhnlich vorausgesetzte“ Eigenschaft wurde bisher beispielsweise die Freiheit einer Wohnung von gesundheitsschädlichen Substanzen; die Freiheit von Zeilensprüngen bei einer Textverarbeitungsanlage und die Betriebs- und Verkehrssicherheit eines Gebrauchtwagens angesehen.

 

Im Hinblick auf diese Rsp ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, im Rechtsverkehr werde nicht allgemein erwartet, dass eine dunkel eingefärbte Ledersitzgarnitur („Wohnlandschaft“), die in einem Abstand von nur 25 cm entlang einer bis zum Fußboden reichenden Glasfront plaziert wird, auf längere Sicht der dadurch bedingten direkten Sonneneinstrahlung standhält ohne auszubleichen. Misst man die berechtigte Erwartungshaltung an der Verkehrsauffassung, stellt die Ansicht, ein durchschnittlicher Käufer gehe unter diesen speziellen Aufstellbedingungen nicht ohne weitere Zusicherung von dauerhafter Farbechtheit aus, keine Fehlbeurteilung dar. Das Berufungsgericht verweist dazu auch auf das Sachverständigengutachten, nach dem in der Autoindustrie das für Autositze verwendete Leder zwecks Erzielung von UV-Beständigkeit mehrfach deckend gefärbt und darauf hin getestet wird, während in der Möbel- und Bekleidungsindustrie Lederhäute meist nur schwach pigmentiert werden, um deren Geschmeidigkeit und den weichen Griff zu erhalten.

 

Zur Zusage einer bestimmten Eigenschaft:

 

Eine Zusage einer Eigenschaft oder Gebrauchsmöglichkeit kann auch schlüssig erfolgen. Kennt der Veräußerer die vom Erwerber gewünschte Eigenschaft oder muss er sie erkennen, so ist bei Nichtaufklärung über die Untauglichkeit die Eignung als stillschweigend zugesagt anzusehen.

 

Wenn das Berufungsgericht unter Beachtung dieser Grundsätze der Rsp wegen des Fehlens von Feststellungen zum konkreten Inhalt des Verkaufsgesprächs den Sachverhalt noch als ergänzungsbedürftig erachtet hat, kann dem der OGH nicht entgegentreten. Art und Ausmaß der Aufklärung richtet sich jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.