20.12.2016 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Abberufung des Stiftungsvorstandes

Die Verrechnung überhöhter Honorare kann ein wichtiger Grund für die Abberufung des Stiftungsvorstands nach § 27 Abs 2 PSG sein; Zweifel an der Eignung des Stiftungsvorstands können auch bei Interessenskonflikten gegeben sein, die noch nicht den Grad der Unvereinbarkeit des § 15 PSG erreichen


Schlagworte: Privatstiftung, Abberufung des Stiftungsvorstandes, wichtiger Grund, Errichtung einer Gesellschaft, überhöhte Honorare, Unvereinbarkeit, Interessenkonflikt
Gesetze:

 

§ 15 PSG, § 17 PSG, § 27 PSG

 

GZ 6 Ob 145/16s, 27.09.2016

 

OGH: Ein wichtiger Grund, der nach § 27 Abs 2 PSG zur Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands berechtigt, liegt jedenfalls bei grober Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertretung vor. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist immer unter dem Gesichtspunkt des Funktionierens der Privatstiftung, also letztlich unter dem Gesichtspunkt zu sehen, ob die Verfolgung des Stiftungszwecks mit ausreichender Sicherheit in der Zukunft gewährleistet ist. Dies ist durch eine Prognoseentscheidung zu ermitteln. Dabei ist mit Rücksicht auf die bei der Privatstiftung fehlenden Kontrollmechanismen den Anforderungen für die Abberufung kein strenger Maßstab zu Grunde zu legen.

 

Wichtige Gründe sind ua alle bedeutsamen Umstände, die die Belange der Stiftung gefährden oder ihr die Beibehaltung des Geschäftsführers bzw Vorstands unzumutbar machen, wie etwa der Abschluss genehmigungspflichtiger Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG ohne Einschaltung des Gerichts. Auch die Verrechnung überhöhter Honorare kann ein wichtiger Grund für die Abberufung sein.

 

Nach § 17 Abs 5 PSG ist die Errichtung einer Gesellschaft durch die Privatstiftung und die Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands zu Geschäftsführern der Gesellschaft nicht unmittelbar von der Genehmigungspflicht umfasst. Hier haben die Mitglieder des Stiftungsvorstands aber beträchtliche Vermögenswerte aus der Stiftung in eine Gesellschaft ausgegliedert, welche deren Verwertung besorgt. Die Gesellschaft erzielt zwar namhafte Einnahmen, die jedoch fast zur Gänze durch hohe und nicht näher nachvollziehbare Personalkosten aufgezehrt werden und damit weder der Stiftung noch deren Begünstigten zugute kommen. Da es lediglich darauf ankommt, ob hinreichende Gründe vorliegen, die Eignung der Vorstände zur ordnungsgemäßen Besorgung der Angelegenheiten der Privatstiftung in Zweifel zu ziehen (§ 27 Abs 2 Z 2 PSG), hat das Gericht zutreffend die Abberufung der Vorstandsmitglieder ausgesprochen, ohne dass letztlich die Frage einer analogen Anwendung des § 17 Abs 5 PSG abschließend beantwortet werden müsste. Zweifel an der Eignung können auch bei Interessenskonflikten gegeben sein, die noch nicht den Grad der Unvereinbarkeit des § 15 PSG erreichen.