20.12.2016 Wirtschaftsrecht

OGH: Auflage iSd § 12 Abs 3 KartG

Nach der Systematik des Gesetzes ist im Falle der Nichtuntersagung eines Zusammenschlussvorhabens wegen Auflagen und Beschränkungen in einem ersten Prüfungsschritt festzustellen, ob die Auflagen und Beschränkungen so gewählt wurden, dass sie schon keine marktbeherrschende Stellung entstehen lassen oder verhindern, dass eine solche verstärkt wird (§ 12 Abs 1 Z 2 KartG 2005); lässt die Prognose der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Markt das Entstehen oder Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung erwarten, bleibt in einem zweiten Prüfungsschritt zu fragen, ob die Auflagen und Beschränkungen trotz Vorliegens der Untersagungsvoraussetzungen nach § 12 Abs 1 KartG 2005 einen der Rechtfertigungsgründe des § 12 Abs 2 KartG 2005 verwirklichen


Schlagworte: Kartellrecht, Zusammenschluss, Auflagen, Prognose
Gesetze:

 

§ 12 KartG

 

GZ 16 Ok 5/16w, 07.07.2016

 

OGH: Ein Zusammenschluss ist zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass dadurch eine marktbeherrschende Stellung (§ 4 KartG 2005) entsteht oder verstärkt wird (§ 12 Abs 1 Z 2 KartG 2005). Trotz Vorliegens dieser Untersagungsvoraussetzungen ist der Zusammenschluss nicht zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass „durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten, die die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen“ (§ 12 Abs 2 Z 1 KartG 2005). Wenn die Voraussetzungen sonst nicht gegeben sind (also die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung durch den Zusammenschluss zu erwarten ist und auch die Voraussetzungen einer Rechtfertigung nach § 12 Abs 3 KartG 2005 fehlen), kann das Kartellgericht den Ausspruch, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird, „mit entsprechenden Beschränkungen oder Auflagen verbinden“ (§ 12 Abs 3 Satz 1 KartG 2005).

 

„Auflage“ ist eine Anordnung, mit der den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Sie müssen so beschaffen sein, dass sie entweder eine marktbeherrschende Stellung nicht entstehen lassen oder deren Verstärkung verhindern oder die Marktbeherrschungseffekte derart abfedern, dass einer der Rechtsfertigungsgründe nach § 12 Abs 2 KartG 2005 verwirklicht wird. Sie dürfen auf unbestimmte Zeit erlassen werden. Den möglichen Inhalt einer Auflage gibt das Gesetz nicht vor. Auflagen können bloße Verhaltensauflagen oder strukturelle Auflagen sein.

 

Nach der Systematik des Gesetzes ist im Falle der Nichtuntersagung eines Zusammenschlussvorhabens wegen Auflagen und Beschränkungen in einem ersten Prüfungsschritt festzustellen, ob die Auflagen und Beschränkungen so gewählt wurden, dass sie schon keine marktbeherrschende Stellung entstehen lassen oder verhindern, dass eine solche verstärkt wird (§ 12 Abs 1 Z 2 KartG 2005). Solches ist dann der Fall, wenn die Auflagen hinreichend wirksam und nachhaltig und damit geeignet sind, eine Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen durch den Zusammenschluss zu verhindern oder auszugleichen. Wird diese Vorgabe erreicht, kann der Zusammenschluss nicht untersagt werden.

 

Lässt hingegen die Prognose der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Markt das Entstehen oder Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung erwarten, bleibt in einem zweiten Prüfungsschritt zu fragen, ob die Auflagen und Beschränkungen trotz Vorliegens der Untersagungsvoraussetzungen nach § 12 Abs 1 KartG 2005 einen der Rechtfertigungsgründe des § 12 Abs 2 KartG 2005 verwirklichen.