OGH: § 43 ABGB und zur Frage, ob ein unzulässiger Namensgebrauch auch mit der Abkürzung eines Namens vorliegen kann (hier: humorvoll-satirisches Brettspiel iZm Korruption)
Ein Eingriff in Art 8 EMRK ist grundsätzlich dann zu verneinen, wenn populäre Ereignisse satirisch aufgegriffen werden, ohne dass die Betroffenen unangemessen herabgewürdigt werden; ob schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt wurden und zu wessen Gunsten die Interessenabwägung ausschlägt, hängt im Allgemeinen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab
§ 43 ABGB, Art 8 EMRK, Art 10 EMRK
GZ 4 Ob 209/16p, 25.10.2016
OGH: Ein Gebrauch eines Namens durch Dritte verstößt gegen das Namensrecht des § 43 ABGB nur dann, wenn dadurch die berechtigten Interessen des Namensträgers verletzt werden. Eine Verletzung ist – abseits von einer hier nicht in Betracht kommenden Zuordnungsverwirrung – regelmäßig dann zu bejahen, wenn über den Namensträger etwas Unrichtiges ausgesagt wird, das sein Ansehen und seinen guten Ruf beeinträchtigt, ihn bloßstellt oder lächerlich macht, wobei es jedoch auf eine Interessenabwägung ankommt.
Der OGH hat bereits – auch unter Hinweis auf die Rsp des EGMR – die Ansicht vertreten, dass Eingriffe in das Namensrecht des § 43 ABGB mit der Ausübung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gerechtfertigt werden können. Es ist anerkannt, dass Personen des öffentlichen Lebens nicht auf die gleiche Weise Anspruch auf einen Schutz ihres Privatlebens erheben können wie der Öffentlichkeit unbekannte Privatpersonen. Jeder Politiker setzt sich selbst unvermeidlich und willentlich einer genauen Beurteilung jeder seiner Worte und Taten durch Journalisten und das breite Publikum, aber auch durch den politischen Gegner aus.
Nach der Rsp des EuGH ist Satire eine Form des künstlerischen Ausdrucks und der gesellschaftlichen Kommentierung, welche durch die sie charakterisierende Übertreibung und Verzerrung der Realität naturgemäß darauf abzielt zu provozieren und zu bewegen. Deshalb müssen nach Art 10 EMRK alle Eingriffe in das Recht eines Künstlers oder jeder anderen Person, sich auf diesem Weg auszudrücken, mit besonderer Aufmerksamkeit geprüft werden. Vom EGMR wurde in jüngster Zeit iZm Eingriffen in die namensrechtliche Position von Prominenten iZm satirischen Werbemaßnahmen in zwei Parallelverfahren unter Abwägung widerstreitender Interessen eine Verletzung von Artikel 8 EMRK (Achtung der Privatsphäre) verneint. Dabei wurde auf den gebotenen gerechten Ausgleich zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens des Namensträgers und der Meinungsfreiheit des werbenden Unternehmens abgestellt. Ein Eingriff in Art 8 EMRK sei grundsätzlich dann zu verneinen, wenn populäre Ereignisse satirisch aufgegriffen werden, ohne dass die Betroffenen unangemessen herabgewürdigt werden.
Nach der vom Erstgericht umfassend vorgenommenen Interessenabwägung, die auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung billigend zugrunde gelegt hat, wurde den Persönlichkeitsrechten des Klägers das Recht auf die Freiheit der Ausübung der Kunst und der Umstand gegenübergestellt, dass gegen den Kläger, der wegen seines langjährigen Ministeramts und auch glamouröser Medienberichterstattung große Bekanntheit genießt, seit Jahren aufgrund eines als begründet angenommenen Tatverdachts wegen Korruption ermittelt wird (in der Klage ist davon die Rede, dass die Medien „tausendfach“ über die Korruptionsvorwürfe berichtet haben). Im Ergebnis wurde ein unerlaubter Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht des Klägers verneint.
Diese Beurteilung der Vorinstanzen hält sich jedenfalls im Rahmen der aufgezeigten Rsp. Ob schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt wurden und zu wessen Gunsten die Interessenabwägung ausschlägt, hängt im Allgemeinen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.
Bereits wegen der verfassungsrechtlich geschützten Rechte, aus denen sich ein rechtfertigender Namensgebrauch vertretbar begründen lässt, hängt die Entscheidung nicht mehr von der im Rechtsmittel kritisierten Ansicht des Berufungsgerichts ab, wonach auch ein „Interesse der Allgemeinheit an einem freien und einem kreativen Gebrauch der deutschen Sprache“ einen Namensgebrauch rechtfertigen könne und eine Klagsstattgebung zur Monopolisierung des gegenständlichen Kürzels zu Gunsten des Klägers führe. Selbst wenn man die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen zu Gunsten des Klägers bejaht und davon ausgeht, dass es diesem grundsätzlich möglich ist, namensrechtliche Ansprüche gegen die Verwendung des Kürzels „KHG“ zu erheben, wenn damit negativ geweckte Assoziationen verbunden sind, wäre für den Kläger somit nichts gewonnen. Bei dieser Sachlage käme somit der Lösung der im Rechtsmittel als erheblich angesehenen Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung zu.
Das grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängige Ergebnis einer Interessensabwägung bedarf somit keiner höchstgerichtlichen Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.