20.12.2016 Zivilrecht

OGH: Zur Amtshaftung der Gemeinde für eine unrichtige Baulandbestätigung

War die Grundlagenforschung der Gemeine derart mangelhaft, dass hochwassergefährdete Flächen als Bauland ausgewiesen wurden, sind auch Vermögensschäden zu ersetzen, die der Eigentümer im Vertrauen auf die Bestandskraft der Widmung getätigt hat


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Amtshaftung, Gemeinde, Flächenwidmungsplan, Raumordnung, Baulandbestätigung, Hochwassergebiet
Gesetze:

 

§ 1 AHG, §§ 1295 ff ABGB, § 1298 ABGB, § 1299 ABGB, § 26 NÖ ROG

 

GZ 1 Ob 199/16w, 23.11.2016

 

OGH: Der Schutzzweck von Raumordnungsgesetzen erfasst jedenfalls die subjektiv-öffentlichen Rechte der Liegenschaftseigentümer und ihrer Rechtsnachfolger. Flächenwidmungspläne sind für die Frage der Bebaubarkeit einer Liegenschaft von entscheidender Bedeutung und ihr Inhalt ist die wichtigste Grundlage für alle wirtschaftlichen Dispositionen, die mit dem Kauf und der Bebauung von Grundstücken verknüpft sind. Der Zweck der Baulandbestätigung wird va darin gesehen, dem Käufer die Gewissheit zu verschaffen, dass er Bauland erwirbt und ihm damit eine verlässliche Grundlage für die richtige Einschätzung des Kaufgegenstands und dessen Werts zu bieten. Der OGH hat demnach Erwerbern eines Baugrundstücks, dessen Lage im Hochwassergebiet der Flächenwidmungsplan zu Unrecht nicht ausgewiesen hatte, nach Erteilung der Baubewilligung einen Amtshaftungsanspruch auf Ersatz ihrer frustrierten Aufwendungen bei der Bebauung des Grundstücks (eines reinen Vermögensschadens) zugebilligt.

 

War die Grundlagenforschung der Gemeinde derart mangelhaft, dass hochwassergefährdete Flächen als Bauland ausgewiesen wurden, sind auch jene Aufwendungen zu ersetzen, die der Eigentümer im Vertrauen auf die Bestandskraft der Widmung getätigt hat. Die beklagte Gemeinde hat gem § 1298 ABGB (wegen der Missachtung gesetzlichen Verpflichtungen nach dem ROG) zu behaupten, dass ihr das schadensursächliche rechtswidrige Verhalten ihrer Organe nicht auch als schuldhaft anzulasten wäre und diesen Beweis zu erbringen. Die Organe der beklagten Gemeinde sind zwar am Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB zu messen, die Sorgfaltsanforderungen dürfen aber auch nicht überspannt werden.