OGH: Zur Haftung des Masseverwalters
Bei der Beurteilung, ob einem Gläubiger ein Schaden entstanden ist, sind 2 Vermögenslagen miteinander zu vergleichen: Die wirkliche, die durch das in Frage stehende schädigende Ereignis eingetreten ist, und die, welche ohne dieses Ereignis bestehen würde - also eine gedachte hypothetische Lage; ist die wirkliche Vermögenslage des Gläubigers gegenüber der gedachten zum Nachteil des Gläubigers, dann liegt ein Schaden im Rechtssinn vor; für eine Haftungsbefreiung kommt es auf die rechnerische Höhe des im Vermögen des Gläubigers auch bei rechtmäßigem Verhalten des Masseverwalters eingetretenen hypothetischen Schadens an und nicht darauf, ob dieselben Personen oder Sachen auf dieselbe Weise geschädigt worden wären
§ 81 IO, § 104 IO, § 105 IO, §§ 1295 ff ABGB, § 1299 ABGB
GZ 8 Ob 10/16b, 25.10.2016
OGH: Gem § 104 Abs 6 IO hat der Insolvenzverwalter die angemeldeten Forderungen nach der beanspruchten Rangordnung in ein Verzeichnis einzutragen, das dem Insolvenzgericht vorzulegen ist. Nach § 105 Abs 2 und 3 IO sind die angemeldeten Forderungen nach ihrer Rangordnung, bei gleicher Rangordnung nach der Reihenfolge der Anmeldung zu prüfen und hat der Insolvenzverwalter bei jeder angemeldeten Forderung ohne Vorbehalte eine bestimmte Erklärung über ihre Richtigkeit und Rangordnung abzugeben.
Hier hat der beklagte Masseverwalter bei der Eintragung der sowohl im Konkurs der KG als auch der GmbH, also insgesamt zweimal angemeldeten Forderung nicht erkannt, dass sich die darin angegebenen Abgabenrückstände auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen beziehen. Bei einer sorgfältigen Prüfung des Inhalts der Anmeldung hätte ihm dies auffallen müssen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Anmeldungen nicht völlig eindeutig waren, ist daraus für ihn nichts zu gewinnen, weil er eine unklar begründete Forderung bei pflichtgemäßer Amtsführung nicht ohne Nachfrage als richtig anerkennen hätte dürfen.
Bei der Beurteilung, ob dadurch einem Gläubiger ein Schaden entstanden ist, sind zwei Vermögenslagen miteinander zu vergleichen: Die wirkliche, die durch das in Frage stehende schädigende Ereignis eingetreten ist, und die, welche ohne dieses Ereignis bestünde - also eine gedachte hypothetische Lage. Ist die wirkliche Vermögenslage des Gläubigers gegenüber der gedachten zum Nachteil des Gläubigers, dann liegt ein Schaden im Rechtssinn vor. Für eine Haftungsbefreiung kommt es auf die rechnerische Höhe des im Vermögen des Gläubigers auch bei rechtmäßigem Verhalten des Masseverwalters eingetretenen hypothetischen Schadens an und nicht darauf, ob dieselben Personen oder Sachen auf dieselbe Weise geschädigt worden wären.
Die Haftung des Masseverwalters iSd § 81 Abs 3 IO ist nicht bloß subsidiär, sodass sie nur mangels Befriedigung aus der Masse in Anspruch genommen werden könnte, sondern begründet vielmehr einen selbständigen Rechtsschutzanspruch und eine verschuldensabhängige Ersatzpflicht nach den Regeln des ABGB.