29.11.2016 Wirtschaftsrecht

OGH: § 11 UWG – zur Verletzung von Geschäftsgeheimnissen durch Bedienstete / durch Dritte

Der Geheimhaltungswille kann nicht nur ausdrücklich erklärt werden, sondern sich auch aus den Umständen ergeben; dies gilt auch bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen durch Dritte (§ 11 Abs 2 UWG)


Schlagworte: Lauterkeitsrecht, Betriebsgeheimnis, Geschäftsgeheimnis, Verletzung durch Dritte, Datenbank, Sicherheitslücke, rechtswidrig erlangte Daten
Gesetze:

 

§ 1 UWG, § 11 UWG, § 13 UWG

 

GZ 4 Ob 165/16t, 25.10.2016

 

OGH: Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht. Der Geheimhaltungswille muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben; im Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 UWG (Geheimnisverletzung durch Bedienstete) genügt es, dass sich ein durchschnittlicher Arbeitnehmer über diesen Willen des Unternehmers klar sein musste. Gleiches muss bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen durch Dritte (§ 11 Abs 2 UWG) gelten. Auch hier genügt es daher, wenn sich aus dem Verhalten des Unternehmers ergibt, dass bestimmte - auch sonst nicht allgemein zugängliche - Informationen einem bestimmten Personenkreis vorbehalten sein sollen.

 

Diese Voraussetzung ist bei Daten erfüllt, die regulär nur durch das Einloggen in eine durch Passwort geschützte Datenbank eingesehen werden können. Denn diese Schutzvorkehrungen lassen erkennen, dass die Kenntnis dieser Daten einem bestimmten Personenkreis vorbehalten sein sollte. Der für die Anwendung von § 11 UWG maßgebende Geheimhaltungswille ist daher ohne weiteres erkennbar. Aus „Sicherheitslücken“, wie sie hier offenbar vorlagen, lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Denn mangelhafte Sicherheitsstandards erlauben bei aufrechtem Passwortschutz nicht den Schluss, dass der Unternehmer kein Interesse an der Geheimhaltung mehr hätte. Vielmehr müssen sowohl Beschäftigte als auch Dritte redlicherweise annehmen, dass dem Unternehmer diese Mängel nicht bewusst waren, sodass aus deren Vorliegen keinesfalls ein Wegfall des Geheimnischarakters abgeleitet werden kann. An der Rechtswidrigkeit des Erlangens der Daten (§ 11 Abs 2 UWG) durch Eindringen in das fremde Computersystem besteht kein Zweifel.