OGH: Zur Frage, ob die gesetzliche Anordnung der Nachwirkung gem § 32 Abs 3 ArbVG zwingend ist, oder ob die Partner der Betriebsvereinbarung die im Gesetz angeordnete Nachwirkung für den Fall der Kündigung in ihrer Vereinbarung wirksam ausschließen können
Die Nachwirkung gem § 32 Abs 3 ArbVG ist dispositiv; die Betriebspartner können beim Abschluss einer fakultativen Betriebsvereinbarung zulässig und wirksam vereinbaren, dass deren Rechtswirkungen (auch) im Fall einer Kündigung mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Vereinbarung enden
§ 32 ArbVG, § 97 ArbVG, § 96 ArbVG
GZ 9 ObA 18/16m, 18.08.2016
OGH: Der erkennende Senat schließt sich jenen Lehrmeinungen an, die eine zulässige Parteiendisposition (auch) für die Nachwirkung einer fakultativen Betriebsvereinbarung nach § 32 Abs 3 ArbVG befürworten.
Inhalt einer Betriebsvereinbarung kann nur sein, was durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Regelung durch Betriebsvereinbarung überantwortet wurde (§ 29 ArbVG). Betriebsvereinbarungen in den Angelegenheiten des § 96 Abs 1 ArbVG können – soweit die Parteien keine Regelung über ihre Geltungsdauer festgelegt haben – jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden; eine Nachwirkung iSd § 32 Abs 3 ArbVG schließt das Gesetz für diese zustimmungspflichtigen Maßnahmen (notwendige Betriebsvereinbarungen) ausdrücklich aus (§ 96 Abs 2 ArbVG).
In den Angelegenheiten des § 97 Abs 1 Z 7 bis 26 ArbVG (fakultative Betriebsvereinbarungen) können die Parteien eine Betriebsvereinbarung abschließen; ein Abschluss kann in diesen Materien aber von keiner der beiden Betriebspartner erzwungen werden.
Die Bestimmung des § 32 ArbVG räumt den Vertragsparteien fakultativer Betriebsvereinbarungen jede Möglichkeit ein, eine solche Vereinbarung für eine bestimmte Zeit zu befristen oder jederzeit einvernehmlich zu beenden. Auch eine (schriftliche) Kündigung ist jederzeit (mangels gesonderter Regelung durch die Vertragsparteien mit einer dreimonatigen Frist) möglich (§ 32 Abs 1 ArbVG). Die Rechtswirkungen der fakultativen Betriebsvereinbarung enden mit deren Erlöschen (§ 32 Abs 3 erster Satz ArbVG). Nur für die Fälle, in denen die Vertragsparteien einer fakultativen Betriebsvereinbarung sich über ihre Geltungsdauer (und damit auch über eine spätere Nachwirkung nach einer Kündigung) nicht ausdrücklich geeinigt haben und sie durch eine einseitige Erklärung einer der beiden Parteien endet, sieht § 32 Abs 3 zweiter Satz ArbVG vor, dass die Betriebsvereinbarung für die im Zeitpunkt ihres Erlöschens von ihr erfassten Arbeitnehmer bis zum Abschluss einer neuen (kollektiven oder einzelvertraglichen) Vereinbarung weiter gelten soll.
Die Nachwirkung gem § 32 Abs 3 ArbVG ist daher dispositiv. Die Betriebspartner können beim Abschluss einer fakultativen Betriebsvereinbarung zulässig und wirksam vereinbaren, dass deren Rechtswirkungen (auch) im Fall einer Kündigung mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Vereinbarung enden.