OGH: Zur Begünstigungsabsicht in § 30 Abs 1 Z 3 IO
Ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die Begünstigungsabsicht iSd § 30 Abs 1 Z 3 IO zulässt, ist eine revisible Rechtsfrage
§ 30 IO
GZ 3 Ob 107/16f, 24.08.2016
OGH: Der Beweis der Begünstigungsabsicht ist erbracht ist, wenn Tatsachen erwiesen sind, die darauf schließen lassen. Ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die Begünstigungsabsicht iSd § 30 Abs 1 Z 3 IO zulässt, ist aber eine revisible Rechtsfrage. Daraus ergibt sich, dass zwar eine Feststellung, der Schuldner habe gehandelt, um den Anfechtungsgegner gegenüber anderen Gläubigern zu begünstigen, zweifellos zulässig ist; da es dabei um innere, subjektive Elemente des Tatbestands geht, kann es aber auch ausreichend sein, (nur) jene Umstände festzustellen, die Rückschlüsse auf die Absichten und den Willen des Schuldners zulassen.
Begünstigungsabsicht setzt nicht ein besonderes Wohlwollen gegenüber dem Anfechtungsgegner voraus, sondern liegt auch dann vor, wenn (auch bloß konkret drohende) Klagen und/oder Exekutionsmaßnahmen durch die Sicherstellung oder Befriedigung hintangehalten werden sollen („Druckzahlungen) oder wenn der spätere Insolvenzschuldner von einem ihm seitens des Gläubigers drohenden Straf- oder Konkursverfahrens befreit werden sollte.
Dem Gläubiger musste die Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bekannt sein, wenn ihm genügend verdächtige Umstände bekannt waren oder bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein mussten, die den Schluss auf eine Begünstigungsabsicht des Schuldners rechtfertigen. Ob ihm eine solche zur Last fällt, bestimmt sich nach den ihm im Zeitpunkt der Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung zu Gebote stehenden Auskunftsmitteln, dem Maß ihrer vernunftgemäß zumutbaren Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung, wobei das Wissenmüssen der mit der Sache für den Anfechtungsgegner befassten Personen entscheidet. War der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung durch einen Rechtsanwalt vertreten, ist ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzuwenden. Die Frage, welche Nachforschungen im Einzelnen notwendig, zweckmäßig und anzustellen gewesen wären, ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, hängt doch die Bejahung oder Verneinung eines fahrlässigen Verhaltens von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Musste der Gläubiger im Zeitpunkt seiner - etwa als Folge einer von ihm beantragten Konkurseröffnung veranlassten - Sicherstellung oder Befriedigung, mit der ihn der Schuldner vor anderen Gläubigern begünstigen wollte, die Tatsachen, die er kannte oder hätte kennen müssen, zumindest als Zustand einer akuten Insolvenzgefahr bewerten, so ist ihm je nach Lage des Falls entweder die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis der Begünstigungsabsicht des Schuldners anzulasten.