03.10.2016 Zivilrecht

OGH: Zum „zweckgleichwertigen Geschäft“ beim Maklervertrag

Bei einem vom Makler vermittelten Vertrag kann nur nach dem Zweck des vermittelten Geschäfts im Einzelfall beurteilt werden, ob der Geldersatz des Nichterfüllungsschadens einer Ausführung gleichwertig ist


Schlagworte: Maklerrecht, Schadenersatzrecht, Nichterfüllungsschaden, Maklervertrag, Handelsvertretervertrag, zweckgleichwertiges Geschäft, Provision
Gesetze:

 

§ 914 ABGB, §§ 1035 ff ABGB, § 6 Abs 3 MaklerG, § 9 HVG

 

GZ 8 Ob 3/16y, 17.08.2016

 

OGH: Die Provision gebührt auch, wenn nicht das aufgetragene, aber ein zweckgleichwertiges Geschäft vom Vermittler zustande gebracht wurde. Zweckgleichheit wird angenommen bei Abschluss eines Geschäfts, das seinem Typ nach nicht Gegenstand des Maklervertrags war, sowie bei Abschluss eines Geschäfts mit dem Auftraggeber entsprechend dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ, jedoch über ein Objekt, das nicht Gegenstand des Maklervertrags war; ferner bei Abschluss eines Geschäfts nach dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ über das Vertragsobjekt, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person, sowie bei Abschluss eines Geschäfts über das Vertragsobjekt mit dem Auftraggeber des Maklers, das seinem Typ nach Gegenstand des Maklervertrags war, jedoch unter anderen Nebenbedingungen.

 

Die „Zweckgleichwertigkeit“ darf nie abstrakt bestimmt werden, sondern muss konkret mit Blick auf den in Frage stehenden Vermittlungsauftrag beurteilt werden. Bei Abweichungen des tatsächlich abgeschlossenen Geschäfts vom zunächst formulierten Vermittlungsziel ist zu prüfen, ob nicht schon nach der (vom jeweiligen Empfängerhorizont aus ermittelten) Parteienabsicht Provisionspflicht besteht und damit eine „Zweckgleichwertigkeit“ angenommen werden kann. Führt die einfache Vertragsauslegung nicht weiter, dann ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu fragen, was redliche Parteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht bedachten Fall berücksichtigt hätten bzw was nach der Übung des redlichen Verkehrs als ergänzende Regelung angenommen werden muss.

 

Beim Schadenersatz wegen Nichterfüllung hat der Schuldner dem Gläubiger jenen Nachteil zu ersetzen, der diesem durch die pflichtwidrige Nichterbringung der Leistung zugefügt wurde. Der Ersatz des Nichterfüllungsschadens resultiert nicht aus dem Abschluss eines (allenfalls zweckgleichen) Rechtsgeschäfts anstatt des vom Vermittlungsauftrag umfassten, sondern aus der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des vom Makler entsprechend seinem Auftrag vermittelten Geschäfts. Bei einem vom Makler vermittelten Vertrag kann nur nach dem Zweck des vermittelten Geschäfts im Einzelfall beurteilt werden, ob Geldersatz einer Ausführung gleichwertig ist. Im konkreten Fall hat die Klägerin dazu vorgebracht, dass die Beklagte, die selbst Maklerin ist und die Liegenschaft zum Weiterverkauf erworben hat, durch die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über einen Nichterfüllungsschaden genauso gestellt wurde, wie bei Erwerb und beabsichtigtem Weiterverkauf; dazu werden im zweiten Rechtsgang Feststellungen zu treffen sein.