27.09.2016 Wirtschaftsrecht

OGH: Regelung im GmbH-Gesellschaftsvertrag für einstimmigen Gesellschafterbeschluss über alineare Gewinnausschüttung

Hinsichtlich der Verteilung des Bilanzgewinns kann der Gesellschaftsvertrag jede von § 82 Abs 2 GmbHG abweichende Regelung treffen, soweit sie nicht sittenwidrig ist; darunter fällt auch eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrags für einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss über eine asymmetrische Gewinnausschüttung; eine solche Bestimmung ist nicht rechtswidrig, zumal eine solche Gewinnverteilung jeder Gesellschafter ohnehin durch entsprechende Stimmabgabe oder – unter den Voraussetzungen des § 41 GmbHG – durch Klage verhindern kann


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, GmbH, Gesellschaftsvertrag, alineare Geschäftsverteilung, Sonderrecht
Gesetze:

 

§ 82 GmbHG, § 35 GmbHG, § 50 GmbHG, § 41 GmbHG

 

GZ 6 Ob 143/16x, 30.08.2016

 

OGH: Gem § 82 Abs 1 GmbHG haben die Gesellschafter, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. Gem § 82 Abs 2 GmbHG erfolgt die Verteilung des Bilanzgewinns in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nach Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen.

 

Gem § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG unterliegt der Beschlussfassung der Gesellschafter ua die Verteilung des Bilanzgewinns, falls letzterer im Gesellschaftsvertrag einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten ist.

 

Gem § 50 Abs 4 GmbHG kann eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Vertrage obliegenden Leistungen oder eine Verkürzung der einzelnen Gesellschaftern durch den Vertrag eingeräumten Rechte nur unter Zustimmung sämtlicher von der Vermehrung oder Verkürzung betroffenen Gesellschafter beschlossen werden.

 

Nach dem bisher geltenden Gesellschaftsvertrag hat die Generalversammlung über die Verwendung eines allfälligen, bilanzmäßigen Reingewinns zu beschließen (Punkt 10 letzter Satz des Gesellschaftsvertrags idF vom 22. 10. 2003).

 

Mit dieser dem Gesetzeswortlaut entsprechenden Wendung ist idR (nur) die Frage der (möglichen, vgl § 35 Abs 1 Z 1, § 82 Abs 1 GmbHG) Einschränkung des Vollausschüttungsgebots (und nicht der Verteilungsquoten) gemeint. Wenn der Gesellschaftsvertrag die Gewinnverteilung oder die Gewinnverwendung einem Gesellschafterbeschluss vorbehält, muss man (mangels sonstiger Anhaltspunkte im konkreten Gesellschaftsvertrag) wohl davon ausgehen, dass die Gesellschafter sich die Entscheidung vorbehalten haben, ob überhaupt bzw in welchem Umfang es zu einer Ausschüttung des Bilanzgewinns kommen soll. Wenn die Gesellschafter (auch) die Verteilungsquoten abweichend per Beschluss festlegen wollen, müssen sie dies eindeutig im Gesellschaftsvertrag regeln.

 

Letzteres (mögliche abweichende Verteilungsquoten) ist im bisherigen Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen.

 

Auch eine in den Gesellschaftsvertrag aufgenommene gesetzliche Regel kann ein Sonderrecht iSd § 50 Abs 4 GmbHG sein. Ob dies zutrifft, muss im Weg der Auslegung ermittelt werden.

 

Die gesetzliche Verteilungsregel des § 82 Abs 2 GmbHG ist aber nicht im Gesellschaftsvertrag enthalten, weshalb die Gesellschafter nach dem bisherigen Gesellschaftsvertrag kein Sonderrecht iSd § 50 Abs 4 GmbHG auf eine dem § 82 Abs 2 GmbHG entsprechende Gewinnverteilung haben.

 

Daraus folgt aber, dass mit der nunmehr zur Eintragung angemeldeten Änderung des Gesellschaftsvertrags in kein Sonderrecht von Gesellschaftern eingegriffen wurde.

 

Der Gesellschaftsvertrag kann jede von § 82 Abs 2 GmbHG abweichende Regelung treffen, soweit sie nicht sittenwidrig ist. Darunter fällt auch eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrags für einen Gesellschafterbeschluss über eine asymmetrische Gewinnausschüttung.

 

Dies ist mit der gegenständlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags geschehen. Was daran rechtswidrig sein soll, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen ist für eine alineare Gewinnverteilung eine einstimmige Beschlussfassung vorgesehen, sodass eine solche Gewinnverteilung jeder Gesellschafter ohnehin durch entsprechende Stimmabgabe oder – unter den Voraussetzungen des § 41 GmbHG – durch Klage verhindern kann.

 

Da somit gegen die beantragte Änderung des Gesellschaftsvertrags keine Bedenken bestehen, war dem Erstgericht die Firmenbucheintragung aufzutragen.