OGH: Zur Berücksichtigung von Kreditverbindlichkeiten bei der Unterhaltsbemessung
Auch wenn der Unterhaltsschuldner bereits ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt, kann die Schaffung einer weiteren kreditfinanzierten Erwerbsmöglichkeit uU einen Abzugsposten bilden
§ 231 ABGB, § 140 ABGB aF
GZ 8 Ob 39/16t, 30.08.2016
OGH: Kreditrückzahlungsraten sind grundsätzlich nicht abzugsfähig. Sie verringern die Unterhaltsbemessungsgrundlage daher nur ausnahmsweise, so insbesondere, wenn sie der Bestreitung existenznotwendiger Aufwendungen oder unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen dienen. Für eine Interessenabwägung, inwieweit Schulden einen Abzugsposten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen, sind der Zeitpunkt und die Art der Entstehung, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des Ehepartners zu dieser Schuldaufnahme, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten sowie das Interesse an einer Schuldentilgung, um die Verbindlichkeit nicht weiter anwachsen zu lassen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen weiter herabzudrücken, maßgebend. Eine Berücksichtigung von Schulden ist unter diesen Gesichtspunkten nach billigem Ermessen vorzunehmen.
Investitionen zur Schaffung einer zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit können unter bestimmten Voraussetzungen als Abzugsposten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anerkannt werden. Maßgebend dafür sind die Marktlage sowie eine realistische Zukunftsprognose und die Frage nach Einhaltung des Maßstabs eines pflichtbewussten Elternteils in der Lage des Unterhaltspflichtigen. So können die von einem selbstständig Erwerbstätigen erbrachten Ausgedingsleistungen die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringern, wenn sie als Entgelt für die Übernahme eines Betriebs erbracht werden und somit Voraussetzungen für die Schaffung einer - auch dem Unterhaltsberechtigten zugute kommenden - Erwerbsmöglichkeit sind. Es handelt sich dann um Investitionen und eine auf Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbsmöglichkeit, die mit einer bloßen Ansammlung von Vermögenswerten nicht vergleichbar sind und die daher gleich einer Betriebsausgabe bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage Berücksichtigung finden müssen. Es darf dem Unterhaltsschuldner als Unternehmer aus unterhaltsrechtlichen Gründen auch dann nicht zum Nachteil gereichen, sich eine weitere Einkommensquelle zu verschaffen, wenn er bereits bisher ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt.