13.09.2016 Fremdenrecht

VwGH: Unterbleiben der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG iSd § 21 Abs 7 BFA-VG

Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber in der Beschwerde ein konkretes Vorbringen zu seiner Mitgliedschaft in der ONLF erstattet und dazu ein Beweismittel vorgelegt; von einem bloß unsubstantiierten Bestreiten der Feststellungen des BFA kann dabei keine Rede sein; dementsprechend hat sich das BVwG auch zu einer eigenen Beweiswürdigung in Bezug auf die Glaubwürdigkeit dieser Behauptungen, denen es damit auch Entscheidungswesentlichkeit zugemessen hat, veranlasst gesehen; dies hätte aber erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der auch ein persönlicher Eindruck vom Revisionswerber gewonnen werden hätte können, erfolgen dürfen, zumal auch im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz die Durchführung einer Verhandlung unterblieben war; vor diesem Hintergrund durfte das BVwG daher in Bezug auf die Mitgliedschaft des Revisionswerbers in der ONLF nicht von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG ausgehen


Schlagworte: Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, mündliche Verhandlung
Gesetze:

 

§ 21 BFA-VG

 

GZ Ra 2016/21/0121, 30.06.2016

 

VwGH: Gem dem im vorliegenden Fall anwendbaren § 21 Abs 7 BFA-VG kann - auch: trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden, "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht." Mit der Auslegung dieser Bestimmung hat sich der VwGH im Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, ausführlich befasst; im Punkt 5.12. der Entscheidungsgründe ist er in Bezug auf die Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" zu dem zusammenfassenden Ergebnis gekommen, dass folgende Kriterien beachtlich seien:

 

"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

 

Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber in der Beschwerde ein konkretes Vorbringen zu seiner Mitgliedschaft in der ONLF erstattet und dazu ein Beweismittel vorgelegt. Von einem bloß unsubstantiierten Bestreiten der Feststellungen des BFA kann dabei keine Rede sein. Dementsprechend hat sich das BVwG auch zu einer eigenen Beweiswürdigung in Bezug auf die Glaubwürdigkeit dieser Behauptungen, denen es damit auch Entscheidungswesentlichkeit zugemessen hat, veranlasst gesehen. Dies hätte aber erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der auch ein persönlicher Eindruck vom Revisionswerber gewonnen werden hätte können, erfolgen dürfen, zumal auch im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz die Durchführung einer Verhandlung unterblieben war. Vor diesem Hintergrund durfte das BVwG daher in Bezug auf die Mitgliedschaft des Revisionswerbers in der ONLF nicht von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG ausgehen.