06.09.2016 Verfahrensrecht

OGH: Verhängung einer Beugestrafe wegen Nichteinhaltung einer Besuchsrechtsanordnung (§ 110 Abs 2 iVm § 79 AußStrG)

Zwangsmittel zur Durchsetzung des Kontaktrechts können auch bei unverschuldeter Nichtbefolgung eines gerichtlichen Auftrags verhängt werden, wenn es nach den Umständen zwingend erforderlich erscheint


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Familienrecht, Kontaktrecht, Zwangsmittel
Gesetze:

 

§ 110 AußStrG, § 79 AußStrG, § 187 ABGB, § 186 ABGB

 

GZ 8 Ob 71/16y, 17.08.2016

 

OGH: Das Gericht hat auf Antrag oder von Amts wegen auch im Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung des Rechts auf persönlichen Kontakt angemessene Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG anzuordnen (§ 110 Abs 2 AußStrG). Bei den Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Anordnungen handelt es sich nicht um Strafen für die Missachtung einer gerichtlichen Verfügung; sie sollen lediglich dazu dienen, der Anordnung in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen. Ob es zur Durchsetzung einer Kontaktrechtsregelung notwendig ist, eine Zwangsmaßnahme zu verhängen, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Zwangsmittel zur Durchsetzung des Kontaktrechts können auch bei unverschuldeter Nichtbefolgung eines gerichtlichen Auftrags verhängt werden, wenn es nach den Umständen zwingend erforderlich erscheint.

 

Der vorliegende Fall ist von der Besonderheit gekennzeichnet, dass der Vater in Südostasien wohnt und von dort zu den Besuchskontakten anreist, die gemäß Gerichtsbeschluss alle zwei Monate für jeweils eine Woche stattfinden sollen. Die Mutter steht den Besuchen des Vaters ablehnend gegenüber und überträgt diese Haltung zunehmend auf das Kind, wodurch es bereits der Gefahr einer Entfremdung ausgesetzt ist.

 

Als der Vater seine Tochter am 23. 4. 2016 dem Gerichtsbeschluss entsprechend an ihrem Wohnort abholen wollte, traf er dort niemanden an. Erst im Lauf des Tages ließ ihm die Mutter durch ihren neuen Lebensgefährten per E-Mail ausrichten, dass sie sich mit dem Kind in Südfrankreich befinde und wegen einer Erkrankung in den nächsten Tagen nicht zurückkehren könne. Das Ersuchen des Vaters, ihm den aktuellen Aufenthaltsort des Kindes bekanntzugeben, um es dort besuchen zu können, wurde nicht beantwortet.

 

Wenn die Vorinstanzen bei diesem Sachverhalt davon ausgegangen sind, dass es der Verhängung einer Zwangsmaßnahme bedurfte, um die Mutter im Interesse des Kindeswohls künftig zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen anzuhalten, ist dies nicht unvertretbar und keine korrekturbedürftige Überschreitung des vom Gesetz vorgegebenen Ermessensspielraums.