OGH: Übermittlung eines Deckblatts via ERV und Nachreichen des tatsächlichen Revisonsrekurses nach Fristablauf
Da im vorliegenden Fall nichts darauf hindeutet, dass durch bewusstes Einbringen der lediglich aus einem Blatt bestehenden Eingabe vom 5. 4. 2016 die Erschleichung eines Verbesserungsauftrags – und damit eine Fristverlängerung – erreicht werden sollten, war der zwei Tage später nachgereichte Revisionsrekurs der Antragsgegnerin einer meritorischen Erledigung zuzuführen
§ 89c GOG, § 5 ERV 2006, § 85 ZPO
GZ 6 Ob 107/16b, 27.06.2016
Infolge Zustellung der angefochtenen Entscheidung und des Verfahrenshilfebewilligungsbeschlusses sowie des Bescheids der zuständigen Rechtsanwaltskammer über die Bestellung des Vertreters der Antragsgegnerin als Verfahrenshelfer am 23. 3. 2016 endete die vierzehntägige Revisionsrekursfrist des § 65 Abs 1 AußStrG am 6. 4. 2016. Am Tag zuvor übermittelte der Vertreter der Antragsgegnerin dem Erstgericht im elektronischen Rechtsverkehr eine aus einem Blatt bestehende Eingabe, die lediglich das Erstgericht und die Aktenzahl nennt sowie die Parteien, den Vertreter der Antragsgegnerin, den Verfahrensgegenstand und die Bezeichnung „ordentlicher Revisionsrekurs“ enthält. Einen Tag nach Ablauf der Revisionsrekursfrist wurde dem Erstgericht auf demselben Weg die ursprüngliche Eingabe nochmals übermittelt, wobei diese nunmehr einen Verweis auf eine Beilage (ordentlicher Revisionsrekurs) enthält und ihr auch tatsächlich der Revisionsrekurs angeschlossen ist.
OGH: Nach der jüngeren Rsp des OGH ist zwar die bloße Übermittlung eines „Deckblatts“ eines anwaltlichen Rechtsmittels nicht verbesserbar und führt zu keiner Fristverlängerung. Da diese Beschränkung der gesetzlich vorgesehenen Verbesserungsmöglichkeiten allerdings darauf abzielt, verfahrensrechtliche Vorteile zu verhindern, die durch bewusstes Fehlverhalten bei der Einbringung von Schriftsätzen entstünden, ist grundsätzlich ein Verbesserungsauftrag zu erteilen, wenn nichts darauf hindeutet, dass durch bewusst unvollständige Einbringung – etwa nur des „Deckblatts“ – die Erschleichung eines Verbesserungsauftrags – und damit eine Fristverlängerung – erreicht werden sollten (1 Ob 70/13w). In der genannten Entscheidung wurde dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gerade mit der automationsunterstützten Verfassung und Einbringung von Schriftsätzen zahlreiche mögliche Fehlerquellen verbunden sind, weshalb bei im Elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Eingaben eine Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit idR ohne jene böse Absicht erfolgt.
Da auch im vorliegenden Fall nichts darauf hindeutet, dass durch bewusstes Einbringen der lediglich aus einem Blatt bestehenden Eingabe vom 5. 4. 2016 die Erschleichung eines Verbesserungsauftrags – und damit eine Fristverlängerung – erreicht werden sollten, war der zwei Tage später nachgereichte Revisionsrekurs der Antragsgegnerin einer meritorischen Erledigung zuzuführen.