15.08.2016 Zivilrecht

OGH: Veräußerung realrechtlich verbundener Miteigentumsanteile

Die von den Vertragsparteien des Kaufvertrags als Eigentümer zweier Liegenschaften, zu deren Gunsten eine realrechtliche Verbindung geschaffen wurde, intendierte Lösung dieser Verbindung widerspricht dem Charakter eines Realrechts; eine solche abgesonderte Verfügung über Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft, die realrechtlich mit dem Eigentum an einer anderen Liegenschaft verbunden sind, ist nicht zulässig; das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem die Miteigentumsanteile nicht – wie in den bisher entschiedenen Fällen – mit weiteren Grundstücken realrechtlich verbunden und auf deren jeweilige Eigentümer übertragen werden, sondern mit einem Grundstück, mit dem bereits (geringere) Miteigentumsanteile realrechtlich verbunden sind


Schlagworte: Grundbuchsrecht, Miteigentum, Veräußerung realrechtlich verbundener Miteigentumsanteile
Gesetze:

 

§§ 825 ff ABGB

 

GZ 5 Ob 5/16w, 11.07.2016

 

OGH: Die Miteigentumsanteile an der EZ ***** GB ***** gehören nach dem maßgeblichen Grundbuchsstand zum Gutsbestand bestimmter Liegenschaften und sind mit dem Eigentum an bestimmten Grundstücken verbunden. Diese Art der Grundbuchseintragung weist die Miteigentumsanteile als „Realrechte“ aus.

 

Das Wesen derartiger Rechte besteht darin, dass sie nur von den Eigentümern der betreffenden Liegenschaft kraft dieses Eigentumsrechtes ausgeübt werden können, also nach Art eines Zubehörs mit der Liegenschaft verbunden sind. Damit scheidet eine abgesonderte Verfügung über Realrechte aus. Das mit dem Eigentum an einer Liegenschaft als Realrecht verbundene Miteigentumsrecht an einer anderen Liegenschaft kann von der Stammliegenschaft also nicht getrennt werden.

 

Die von den Vertragsparteien des Kaufvertrags vom 7. 10. 2015 als Eigentümer zweier Liegenschaften, zu deren Gunsten eine realrechtliche Verbindung geschaffen wurde, intendierte Lösung dieser Verbindung widerspricht daher dem Charakter eines Realrechts. Eine solche abgesonderte Verfügung über Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft, die realrechtlich mit dem Eigentum an einer anderen Liegenschaft verbunden sind, ist – nach mittlerweile stRs des OGH – nicht zulässig.

 

Das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem die Miteigentumsanteile nicht – wie in den bisher entschiedenen Fällen – mit weiteren Grundstücken realrechtlich verbunden und auf deren jeweilige Eigentümer übertragen werden, sondern mit einem Grundstück, mit dem bereits (geringere) Miteigentumsanteile realrechtlich verbunden sind. Anders als in den Fällen einer Veräußerung an „Außenstehende“ würden hier zwar nicht mehr Grundstücke als bisher ihren jeweiligen Eigentümern Miteigentum und entsprechende Nutzungsrechte am Grundstück vermitteln. Aber es würde nicht nur eine – vom Rekursgericht als Ergebnis einer rechtlichen Beurteilung und daher auch keinesfalls aktenwidrig (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 GBG) als „entscheidend“ qualifizierte – Änderung der Mehrheitsverhältnisse eintreten, es würde sich überhaupt die Zusammensetzung der Miteigentumsgemeinschaft ändern. Ein Grundstück würde aus dem Kreis der das Miteigentum und die entsprechenden Nutzungsrechte vermittelten Grundstücke überhaupt ausscheiden.

 

Die realrechtliche Verbindung eines Rechts mit dem Eigentum an bestimmten Grundstücken dient aber idR der Zweckbindung des Vermögens. Das Miteigentum am Gemeinschaftsgut soll (nur) den Personen zukommen, die Eigentümer bestimmter berechtigter Grundstücke sind oder werden. Im konkreten Fall, in dem es um Miteigentumsanteile und damit verbundene Nutzungsrechte an einem Weg geht, lässt sich der Zweck der Bindung auch nicht ohne Weiteres auf die Beschränkung des Kreises der Berechtigten reduzieren. Im Hinblick auf die aus dem Miteigentum oder auch aus dem Nachbarrecht (im weiten Sinne) erfließenden Rechte und Pflichten einzelner und aller Miteigentümer kann das Interesse vielmehr auch darin bestehen, dass die jeweiligen Eigentümer bestimmter Grundstücke (grundsätzlich und zu einem bestimmten Anteil) der Miteigentumsgemeinschaft angehören.

 

Diese der realrechtlichen Verbindung möglicherweise zugrunde liegende und daher durch den Grundbuchsstand indizierte Zweckbindung steht dem Ausscheiden eines berechtigten Grundstücks ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer daher auch dann entgegen, wenn der damit verbundenen Anteil gleichzeitig an den jeweiligen Eigentümer eines bereits berechtigten Grundstücks übertragen wird. Gem § 94 Abs 1 Z 1 GBG darf eine grundbücherliche Eintragung aber nur dann bewilligt werden, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht. Dem Revisionsrekurs kommt somit keine Berechtigung zu.