02.08.2016 Baurecht

VwGH: § 84 Wr BauO, § 80 Wr BauO – Flächenberechnung iZm Treppenhausvorbauten

§ 80 Abs 2 Wr BauO nimmt Gebäudeteile nach § 84 Abs 1 und Abs 2 Wr BauO nicht schlechthin von der Flächenberechnung aus, sondern nur dann wenn sie "vor die Gebäudefront ragen"; dieses Tatbestandselement, dem nach dem Wortlaut der Bestimmung eine eigenständige Bedeutung zukommt, kann - auch im Lichte dessen, dass Ausnahmebestimmungen wie § 80 Abs 2 Wr BauO restriktiv zu interpretieren sind - nur so verstanden werden, dass die "Gebäudefront" iS dieser Bestimmung jene ist, die die Gebäudeteile umschließt, deren Flächen in die Flächenberechnung nach § 80 Abs 1 Wr BauO einzubeziehen sind; daraus ergibt sich, dass Gebäudeteile nach § 84 Abs 1 und Abs 2 Wr BauO dann, wenn sie nicht vor eine solche "Gebäudefront" iSd § 80 Abs 2 Wr BauO ragen, sondern vor Gebäudeteile gem § 84 Abs 1 und Abs 2 Wr BauO, die ihrerseits bereits nicht zur bebauten Fläche zählen, auf die bebaute Fläche voll anzurechnen sind


Schlagworte: Wiener Baurecht, Flächenberechnung, Treppenhausvorbauten, Kumulierung
Gesetze:

 

§ 84 Wr BauO, § 80 Wr BauO, § 76 Wr BauO

 

GZ Ra 2014/05/0057, 24.05.2016

 

VwGH: Das hg Erkenntnis vom 12. Oktober 2010, 2007/05/0143, hält fest, dass sich aus dem Text des § 84 Abs 2 BO ergibt, dass die in lit a bzw lit b geregelten Baulichkeiten über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten jeweils für sich - wie in diesen Bestimmungen jeweils näher geregelt - vorragen dürfen und eine Kumulierung von Baulichkeiten iSd§ 84 Abs 2 lit a und b BO nicht zulässig ist. Diese Jud bezieht sich jedoch auf nebeneinander liegende Gebäudeteile. Wie aus dem Erkenntnis klar hervorgeht, wurde ein Herausragen eines Gebäudeteils "zu einem weiteren Drittel" beantragt. Der gegenständliche Fall unterscheidet sich davon insofern, als keine Kumulierung nebeneinander liegender Gebäudeteile geplant und unstrittig die Einhaltung der Beschränkungen des § 84 Abs 2 BO gegeben ist, weshalb entgegen der Ansicht des VwG die genannte Jud auf den gegenständlichen Fall nicht übertragen werden kann.

 

Angesichts der Einhaltung der Beschränkungen des § 84 Abs 2 BO ist die gegenständlich geplante Bauführung vielmehr im Lichte dieser Bestimmung zulässig.

 

Es ist aber auch § 80 Abs 2 BO zu beachten, der Gebäudeteile nach § 84 Abs 1 und Abs 2 BO nicht schlechthin von der Flächenberechnung ausnimmt, sondern nur dann wenn sie "vor die Gebäudefront ragen". Dieses Tatbestandselement, dem nach dem Wortlaut der Bestimmung eine eigenständige Bedeutung zukommt, kann - auch im Lichte dessen, dass Ausnahmebestimmungen wie § 80 Abs 2 BO restriktiv zu interpretieren sind - nur so verstanden werden, dass die "Gebäudefront" iS dieser Bestimmung jene ist, die die Gebäudeteile umschließt, deren Flächen in die Flächenberechnung nach § 80 Abs 1 BO einzubeziehen sind. Daraus ergibt sich, dass Gebäudeteile nach § 84 Abs 1 und Abs 2 BO dann, wenn sie nicht vor eine solche "Gebäudefront" iSd § 80 Abs 2 BO ragen, sondern vor Gebäudeteile gem § 84 Abs 1 und Abs 2 BO, die ihrerseits bereits nicht zur bebauten Fläche zählen, auf die bebaute Fläche voll anzurechnen sind.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu klären sein, ob der geplante Gebäudeteil nach den obigen Grundsätzen auf die bebaute Fläche anzurechnen ist und ob gegebenenfalls das zulässige Ausmaß an bebauter Fläche überschritten wird.