18.07.2016 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob sich auch ein Staat, der aufgrund einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung einer eigenen Behörde das Sorgerecht übertragen hat, auf das HKÜ berufen kann

Auch das von einer Behörde ausgeübte Sorgerecht steht unter dem Schutz des HKÜ


Schlagworte: Familienrecht, Kindesentführung, Sorgerecht, Behörde
Gesetze:

 

Art 3 HKÜ

 

GZ 6 Ob 123/16f, 27.06.2016

 

OGH: Art 3 HKÜ, der die sachliche Anwendungsvoraussetzung für das HKÜ, die „Entführung“ näher regelt, definiert „Entführung“ als „widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten“ des Kindes außerhalb des Herkunftslandes. Gem Art 3 HKÜ gilt das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Herkunftsstaats zusteht und dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte. Daraus ergibt sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass auch das von einer Behörde ausgeübte Sorgerecht unter dem Schutz des HKÜ steht. Dieser Schutz kommt auch einer von der Behörde mit der Ausübung der Obsorge betrauten Person zu.

 

Im vorliegenden Fall liegt das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein beim Antragsteller. Dieses Recht haben die Eltern durch das Verbringen nach Österreich verletzt. Der Umstand, dass die Antragsgegner die leiblichen Eltern des Kindes sind, schließt die Anwendung des HKÜ nicht aus, steht diesen im vorliegenden Fall doch das Sorgerecht gerade nicht zu.