28.06.2016 Baurecht

VwGH: Aufschiebende Wirkung iSd § 30 Abs 2 VwGG – Nachbarrecht iZm Gefährdung der Standsicherheit

Wenn ein Nachbar hinsichtlich seines bestehenden Bauwerks ein Nachbarrecht auf Wahrung der Standsicherheit geltend macht, kommt es darauf an, dass dieses Nachbarrecht durch den konsensgemäßen Bestand der bewilligungsgegenständlichen baulichen Anlage und deren Verwendung nicht verletzt wird; soweit er eine Gefährdung der Standsicherheit im Rahmen der Bauausführung befürchtet, macht er hingegen keine Verletzung eines solchen Nachbarrechtes geltend


Schlagworte: Aufschiebende Wirkung, Nachbarrecht, Gefährdung der Standsicherheit
Gesetze:

 

§ 30 VwGG

 

GZ Ra 2015/05/0051, 07.09.2015

 

VwGH: Gem § 30 Abs 2 VwGG hat der VwGH auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

 

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt.

 

Nach stRsp hat der VwGH im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des VwG auszugehen. Unter den Annahmen des VwG sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen.

 

Ferner kann nach stRsp die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des Revisionsverfahrens für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil angesehen werden, während das Interesse eines Bauwerbers an der baldigen Umsetzung seines Bauvorhabens auf der Hand liegt. Im Fall des Obsiegens des Nachbarn als Revisionswerber hat allein der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit des ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen und wäre die Behörde von Amts wegen verpflichtet, für die Beseitigung eines dann konsenslos errichteten Baues zu sorgen.

 

Im Übrigen kommt es, wenn ein Nachbar hinsichtlich seines bestehenden Bauwerks ein Nachbarrecht auf Wahrung der Standsicherheit geltend macht, darauf an, dass dieses Nachbarrecht durch den konsensgemäßen Bestand der bewilligungsgegenständlichen baulichen Anlage und deren Verwendung nicht verletzt wird. Soweit er eine Gefährdung der Standsicherheit im Rahmen der Bauausführung befürchtet, macht er hingegen keine Verletzung eines solchen Nachbarrechtes geltend.

 

Den vom VwG im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Ausführungen zufolge hat ein im Verfahren beigezogener Sachverständiger in Bezug auf die monierte Standsicherheit dargelegt, dass bei Einhaltung der in diesem Zusammenhang vorgeschriebenen Auflagen eine solche Gefahr für das Gebäude der Revisionswerber nicht bestehe, zumal die Kellerwände des geplanten Gebäudes der Mitbeteiligten mit 30 cm Stahlbeton vorgesehen seien und die Bewehrung der "Dichtbetonwände" automatisch eine Überdimensionierung hinsichtlich des Erddruckes ergebe. Diesem Gutachten seien die Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene - etwa durch Vorlage eines Privatgutachtens - entgegengetreten.

 

In den vorgelegten Bauakten findet sich das Schreiben des Zivilingenieurs für Bauwesen DI G vom 7. Mai 2014, dem zufolge der Erddruck auf Grund der Überdimensionierung der Dichtbetonwände (ua) für ein Nachbarobjekt kein Problem darstelle.

 

Die Revisionswerber behaupten in ihrem Aufschiebungsantrag nicht, dass sie im Verfahren diesbezüglich eine sachverständige Stellungnahme vorgelegt hätten, und bescheinigen auch nicht in sonstiger nachvollziehbarer Weise die Unrichtigkeit der vorgenannten, im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Sachverhaltsannahmen bezüglich der Überdimensionierung der Dichtbetonwände und des Erddruckes.

 

Da somit die im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Sachverhaltsannahmen nicht vornherein als unschlüssig zu erachten sind, ist es den Revisionswerbern nicht gelungen, einen unverhältnismäßigen Nachteil iSd § 30 Abs 2 VwGG darzulegen.