OGH: Abtretung von Ansprüchen auf Grund mangelhafter Leistung iSd § 16 BTVG und zur Frage des Inhaltserfordernisses eines Aufforderungsschreiben nach § 16 BTVG
Auch jeder konkrete Erwerber, der die Abtretung der Ansprüche nach § 16 BTVG verlangt, muss feststehen bzw zumindest feststellbar sein, damit der Bauträger bzw Masseverwalter im Konkurs klar ersehen kann, welche Ansprüche auf welchen Erwerber übergegangen sind und welche sich noch beim Bauträger bzw in der Konkursmasse befinden
§ 16 BTVG, § 2 BTVG, §§ 922 ff ABGB, §§ 1295 ff ABGB, §§ 1165 ff ABGB
GZ 2 Ob 187/15m. 25.05.2016
OGH: Gem § 16 BTVG kann der Erwerber, wenn die Durchsetzung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen aufgrund mangelhafter Leistung gegen den Bauträger durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen oder aus anderen Gründen unmöglich oder erheblich erschwert ist, die Abtretung der dem Bauträger gegen Dritte zustehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aufgrund mangelhafter Leistung verlangen. Der Rechtsübergang tritt mit dem Einlangen des auf die Abtretung gerichteten schriftlichen Verlangens des Erwerbers beim Bauträger ein; für den Dritten gelten die §§ 1395 und 1396 ABGB.
Nach der Regierungsvorlage zu § 16 BTVG soll durch diese Bestimmung das Risiko des Verlusts der vom Erwerber vorgestreckten Zahlungen minimiert werden. Eine umfassende und obligatorische Absicherung der Fertigstellung von in Bauträgermodell errichteten Objekten werde aufgrund der damit verbundenen Verteuerung nicht angestrebt. Grundsätzlich beschränke sich der Entwurf daher auf die Sicherung der Vorauszahlungen, wohingegen Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche grundsätzlich nicht erfasst werden sollten. Als Ausnahme sehe § 16 aber zur Verbesserung der rechtlichen und wirtschaftlichen Position des Erwerbers einen Übergang von Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüchen des Bauträgers gegen Dritte aufgrund deren mangelhafter Leistung an den Erwerber vor. Dieser Forderungsübergang solle eintreten, wenn der Erwerber dies vom Bauträger, gegebenenfalls vom Masseverwalter, schriftlich verlange. Dabei solle der Erwerber auszuführen haben, auf welche Mängel und Ansprüche sich sein Verlangen beziehe. Maßgebend sei demnach das Einlangen eines solcherart präzisierten Verlangens beim Bauträger bzw Masserverwalter.
Auf diese Ausführungen bezieht sich 3 Ob 227/11w, wonach die in § 16 BTVG angeordnete notwendige Zession mit Zugang des auf die Abtretung gerichteten schriftlichen Verlangens des Erwerbers bewirkt wird und die Forderung des Bauträgers gegen den Dritten auf den Erwerber exakt so übergeht, wie sie beim Bauträger bestanden hat.
Weitergehendere Judikatur zu den Inhaltserfordernissen eines Verlangens nach § 16 BTVG besteht nicht.
Im Schrifttum wird auf die Inhaltserfordernisse des Schreibens ganz allgemein nur geringer Bezug genommen:
So führen Aufner/S. Bydlinski, Bauträgervertragsgesetz (BTVG) Kommentar, § 16 Rz 2 an, dass das schriftliche Verlangen auch den konkreten Mangel bzw Anspruch zu präzisieren habe.
Gartner, Bauträgervertragsgesetz² § 16 Rz 8 f legt dar, dass es sich dabei um eine notwendige Zession, die mit § 1422 ABGB vergleichbar sei, handle. Die Erklärung an den Bauträger oder an den Insolvenzverwalter des Bauträgers werde insoweit „explizit“ sein müssen, als sie nicht nur die Abtretung derartiger Ansprüche global fordern könne, sondern der Erwerber konkret anführen müsse, gegen welchen „Dritten“ er vorgehen wolle. Eine Quantifizierung der Ansprüche sei dagegen nicht erforderlich. Die Benennung des Dritten sei schon deshalb erforderlich, um nachvollziehbar zu machen, in welche Vertragsbeziehung der Erwerber eintreten wolle.
Nach Prader in Schwimman/Kodek ABGB Praxiskommentar4 5a, § 16 BTVG Rz 3 hat der Erwerber anzuführen, auf welche Mängel und Ansprüche sich sein Verlangen bezieht. Die Geltendmachung muss schriftlich erfolgen und ist empfangsbedürftig, sodass auch der Nachweis des Zugangs den Erwerber obliegt.
Da Judikatur und Lehre zu § 16 BTVG also die Rechtsfrage nicht lösen helfen, ist ein breiterer Blickwinkel notwendig:
Nach der Legaldefinition des § 2 Abs 1 BTVG ist ein Bauträgervertrag ein Vertrag über den Erwerb des Eigentums, des Wohnungseigentums, des Baurechts, Bestandrechts oder eines sonstigen Nutzungsrechts einschließlich Leasing an zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäuden, Wohnungen oder Geschäftsräumen (nicht daher an schon errichteten und nicht zu sanierenden!).
Nach Abs 3 leg cit ist Erwerber, wem Ansprüche auf den Erwerb der in Abs 1 genannten Rechte gegen den Bauträger zustehen sollen. Erwerber iSd BTVG können daher einzelne (natürliche oder juristische) Personen sein. Erwerber ist somit der jeweilige Vertragspartner des Bauträgers.
Wie der OGH bereits ausgesprochen hat, wird der Abtretungsanspruch nach § 16 BTVG als eine Art „zessionsrechtlicher“ Aussonderungsanspruch zur Befriedigung des Erwerbers verstanden und durchbricht im Interesse eines verstärkten Schutzes des Erwerbers § 3 Abs 1 IO und damit den Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger.
Schon aus diesen Überlegungen ergibt sich aber zwangsläufig, dass auch jeder konkrete Erwerber, der die Abtretung der Ansprüche nach § 16 BTVG verlangt, feststehen bzw zumindest feststellbar sein muss, damit der Bauträger bzw Masseverwalter im Konkurs klar ersehen kann, welche Ansprüche auf welchen Erwerber übergegangen sind und welche sich noch beim Bauträger bzw in der Konkursmasse befinden.
Das hier maßgebliche Schreiben vom 1. 7. 2014, in dem „unsere Mandanten“ die Abtretung der dem Bauträger gegenüber der beklagten Partei zustehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aufgrund mangelhafter Leistung in Bezug auf die Erstellung des Daches „der oben genannten Eigentümergemeinschaft“ verlangen und bekanntgeben, dass die Einschreiter die Interessen „der Eigentümergemeinschaft“ bzw „der einzelnen Miteigentümer oder Erwerber“ vertreten, ist aber im Bezug auf die Beschreibung der konkreten Anspruchsteller weder eindeutig noch macht es diese eindeutig eruierbar.
Auch das Schreiben vom 2. 3. 2015 entspricht weder bei der Benennung der Antragsteller noch bei jener der „Dritten“, denen gegenüber bestehende Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche des Bauträgers zediert verlangt werden, ausreichend dieser Konkretisierungspflicht.