OGH: § 382h EO – Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten
Es bedarf keiner näheren Begründung, dass insbesondere eine Veräußerung des Hälfteanteils des Antragsgegners an der Liegenschaft geeignet wäre, die künftige Nutzung der Ehewohnung durch die Antragstellerin und ihre Tochter empfindlich zu beeinträchtigen oder sie gar - für den Fall einer Auflösung der Miteigentumsgemeinschaft durch den Erwerber - der Gefahr der Obdachlosigkeit auszusetzen
§ 382h EO, § 97 ABGB
GZ 3 Ob 67/16y, 18.05.2016
OGH: Die aus § 97 ABGB abzuleitenden Ansprüche auf Erhaltung der (Ehe-)Wohnung zugunsten des darauf angewiesenen Ehegatten gegenüber dem verfügungsberechtigten Ehegatten können, soweit es sich nicht um Geldforderungen handelt, gem § 382h EO mittels einstweiliger Verfügung - insbesondere durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot nach § 382 Z 6 EO - gesichert werden.
§ 382h EO enthält keine Sonderregelung für die Bescheinigung des zu sichernden Anspruchs. Deshalb muss der Antragsteller sein am Sicherungsobjekt bestehendes Wohnbedürfnis und die Verfügungsberechtigung des anderen Ehegatten behaupten und bescheinigen. Wie bereits die Vorinstanzen richtig erkannt haben, ist das dringende Wohnbedürfnis der Antragstellerin an der Ehewohnung nicht zweifelhaft. Der Antragsgegner ist zwar ohne Zustimmung der Antragstellerin nicht über die gesamte Liegenschaft verfügungsberechtigt, jedoch reicht für den Anspruch nach § 97 ABGB das Miteigentum eines der Ehegatten an der Liegenschaft, auf der sich das als Ehewohnung genutzte Einfamilienhaus befindet, aus.
Gem § 382h Abs 2 EO ist die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs im Fall eines zwischen den Parteien bereits anhängigen Scheidungsverfahrens nicht notwendig. Diese Bestimmung begründet eine - vom Antragsgegner widerlegbare - Rechtsvermutung zugunsten der Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs, sodass der Antragsteller über den Umstand des eingeleiteten Scheidungsverfahrens hinaus kein Vorbringen zur Gefährdung seines zu sichernden Anspruchs erstatten muss.
Für den Antragsgegner wäre aber selbst dann nichts zu gewinnen, wenn man iSd von den Vorinstanzen herangezogenen gegenteiligen Entscheidung 8 Ob 108/13k davon ausginge, dass die gefährdete Partei die Gefahrenlage zwar nicht bescheinigen muss, jedoch über das anhängige Scheidungsverfahrens hinausgehende Tatsachen, aus denen sie ihre Gefährdung ableitet, konkret zu behaupten hat: Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist das Vorbringen der Antragstellerin zur Gefährdung ihres Anspruchs („Drohung“ des Antragsgegners mit einem alsbaldigen Verkauf „des Hauses“ iVm dem Ignorieren einer auf die Ernsthaftigkeit dieser Ankündigung abzielenden Anfrage an seinen Rechtsvertreter) ohnehin ausreichend konkret. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass insbesondere eine Veräußerung des Hälfteanteils des Antragsgegners an der Liegenschaft geeignet wäre, die künftige Nutzung der Ehewohnung durch die Antragstellerin und ihre Tochter empfindlich zu beeinträchtigen oder sie gar - für den Fall einer Auflösung der Miteigentumsgemeinschaft durch den Erwerber - der Gefahr der Obdachlosigkeit auszusetzen.
Da der Antragsgegner mangels Anführung von Bescheinigungsmitteln nicht einmal den Versuch unternommen hat, seine Behauptung, er beabsichtige ohnehin keine Veräußerung „der Liegenschaft“, zu bescheinigen, konnte er die Rechtsvermutung des § 382h Abs 2 EO nicht widerlegen. Über seinen Antrag auf Erstreckung der ihm gesetzten Äußerungsfrist, also zur Erstattung weiteren Vorbringens, hat das Erstgericht zwar nicht ausdrücklich, wohl aber implizit (abweisend) entschieden, indem es unverzüglich nach Einlangen der ablehnenden Stellungnahme zur Fristerstreckung über den Provisorialantrag abgesprochen hat.
Da die einstweilige Verfügung zur Sicherung des Wohnungserhaltungsanspruchs nach § 97 ABGB anspruchsgebunden ist, ist sie gem § 391 Abs 2 EO mit einer Fristsetzung zur Einbringung einer Rechtsfertigungsklage zu verknüpfen. Aus diesem Grund kommt die von der Antragstellerin angestrebte Erlassung der einstweiligen Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens und eines allfälligen anschließenden Aufteilungsverfahrens nicht in Betracht.