31.05.2016 Zivilrecht

OGH: Investitionen auf Liegenschaften bei der ehelichen Aufteilung

Für die gänzliche Einbeziehung einer eingebrachten Liegenschaft ist darauf abzustellen, ob der Wert der während der Ehe getätigten Investitionen und/oder Schuldtilgungen mit in der Ehe erwirtschafteten Mitteln den „reinen“ Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Eheschließung erheblich überwiegt


Schlagworte: Eherecht, Aufteilungsverfahren, in die Ehe eingebrachte Liegenschaft, Ausbau, Umbau, Investitionen, Schuldtilgung, Bewertung, Ausgleichszahlung
Gesetze:

 

§§ 81 ff EheG, § 82 EheG, § 91 EheG, § 94 EheG

 

GZ 1 Ob 262/15h, 31.03.2016

 

OGH: Die von den Ehepartnern auf eine von einem oder beiden eingebrachte Liegenschaft gemachten wertsteigernden Aufwendungen - wie etwa eigene Arbeitsleistungen oder finanzierte Investitionen, Renovierungs- oder Umbauarbeiten oder ein Ausbau - sind bei der Aufteilung selbst dann, wenn die Liegenschaft gem § 82 Abs 1 Z 1 EheG als eingebrachtes Vermögen nicht der Aufteilung unterliegt, so weit zu berücksichtigen, als sie aus während der Ehe erworbenen Mitteln finanziert wurden und zum Aufteilungszeitpunkt noch im Wert der Liegenschaft fortwirken. Wenn die während der Ehe bewirkte Wertschöpfung als Anteil des aktuellen Verkehrswerts im Vergleich zum Wert des Eingebrachten erheblich überwiegt, führt dies sogar dazu, dass die Liegenschaft als Ganzes in die Aufteilungsmasse einzubeziehen ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der in der Natur vorhandene Wert, etwa durch einen Zubau, erst während der Ehe geschaffen wird, oder ob zB das Haus bereits vor Eheschließung errichtet, aber kreditfinanziert wurde und die Kreditrückzahlungen in die Zeit der ehelichen Gemeinschaft fallen. Wurde das Haus vor der Ehe gebaut, aber (fast) zur Gänze erst mit dem während der Ehe erwirtschafteten Einkommen „abbezahlt“, handelt es sich auch dabei um eine „eheliche Errungenschaft“, weil die wirtschaftliche Wertschöpfung erst dadurch eintritt.

 

Nicht nur die Frage der Einbringung, sondern auch die Frage des Vorliegens und des Ausmaßes der Wertsteigerung einer Liegenschaft ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Für die Frage der gänzlichen Einbeziehung einer eingebrachten Liegenschaft ist darauf abzustellen, ob der Wert der während der ehelichen Gemeinschaft getätigten Investitionen und/oder der Schuldtilgung für iZm ihrem Erwerb oder wertsteigernden Aufwendungen stehenden oder darauf lastenden Verbindlichkeiten mit in der Ehe erwirtschafteten Mitteln, also die eheliche Wertschöpfung, den „reinen“ Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Eheschließung (aufgewertet zum späteren Bewertungsstichtag) erheblich überwiegt. Bei Einbeziehung der Liegenschaft als Ganzes ist sie idR einem der Ehegatten ins Alleineigentum zu übertragen. Für die Bemessung der Ausgleichszahlung sind die vorehelichen Beiträge samt darauf beruhender Wertsteigerungen rechnerisch vorweg zuzuweisen und die noch offenen Schulden zu berücksichtigen. Der Restwert ist dann zwischen den Streitteilen im Verhältnis des im Verfahren ermittelten konkreten Aufteilungsschlüssels aufzuteilen.