09.05.2016 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Errichtung von Substiftungen durch den noch lebenden Stifter

Die Errichtung einer Substiftung bei entsprechender Deckung im Stiftungszweck der Mutterstiftung stellt auch grundsätzlich keine widerrufsgleiche Änderung dar


Schlagworte: Privatstiftung, Änderung der Stiftungsurkunde, Errichtung von Substiftungen, Mitstifter, Widerruf der Stiftungserklärung
Gesetze:

 

§ 33 PSG, § 34 PSG, § 35 PSG

 

GZ 6 Ob 237/15v, 23.02.2016

 

OGH: Der Vorstand der Privatstiftung ist bei der Errichtung einer Substiftung an den ursprünglichen Stiftungszweck gebunden; der Stiftungszweck muss daher kongruent sein. Der Vorstand der Hauptstiftung muss dafür Sorge tragen, dass deren Stiftungszweck auch in der Substiftung gewahrt bleibt, sodass dann, wenn auch Mit- bzw Nebenstifter an der Substiftung beteiligt sind, diesen keine Gestaltungsrechte eingeräumt werden dürfen, die dem Stiftungszweck der Mutterstiftung widersprechen könnten.

 

Nimmt aber der lebende Stifter im Rahmen eines vorbehaltenen Änderungsrechts selbst eine Änderung des Stiftungszwecks dahingehend vor, dass die Errichtung einer Substiftung und die Vermögensübertragung ausdrücklich umfasst ist, dann kommt es auf die Kongruenz des ursprünglichen Stiftungszwecks mit dem Stiftungszweck der neu errichteten (Sub-)Stiftung nicht an, stünde es doch dem Stifter bei Vorbehalt eines Änderungsrechts jederzeit frei, auch den Zweck der ursprünglichen Stiftung zu ändern. Es ist dann auch nicht bedenklich, wenn bei der Errichtung der Substiftung weitere Mitstifter beteiligt sind; darin liegt auch keine unzulässige Umgehung des § 33 PSG.

 

Die Errichtung einer Substiftung bei entsprechender Deckung im Stiftungszweck der Mutterstiftung stellt auch grundsätzlich keine widerrufsgleiche Änderung dar. Vielmehr bleibt das Stiftungsvermögen - wenn auch in modifizierter Form - zweckgebunden. Anders als bei einem Widerruf, der dazu führt, dass das seinerzeitige Stiftungsvermögen wieder in die freie Verfügbarkeit des Letztbegünstigten bzw des Stifters fällt, führt die Errichtung der Substiftung im vorliegenden Fall auch zu einer Fortdauer der Vermögensbindung.