03.05.2016 Verfahrensrecht

VwGH: Wiedereinsetzungsantrag iZm Einbringung der außerordentlichen Revision beim VwGH

Der Hinweis des LVwG vom 20. Oktober 2015, wonach gem § 24 Abs 1 Z 1 VwGG Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den VwGH unmittelbar bei diesem einzubringen seien, erfolgte in einem Verfahren über die Revision einer anderen Verfahrenspartei und bezog sich ausdrücklich auf Schriftsätze im dortigen Revisionsverfahren; es überschreitet nicht das einem beruflichen Parteienvertreter zumutbare Maß an Sorgfalt, die Rolle der von ihm vertretenen Partei (als mitbeteiligte Partei) im Revisionsverfahren einer anderen Partei von ihrer Rolle als Revisionswerberin und damit zwischen der Einbringungsstelle von (allfälligen) Schriftsätzen als mitbeteiligte Partei und der Einbringungsstelle einer eigenen Revision als Revisionswerberin zu unterscheiden


Schlagworte: Wiedereinsetzung, Rechtsanwalt, Änderung der Rechtslage, Einbringung der außerordentlichen Revision beim VwGH
Gesetze:

 

§ 46 VwGG, § 30 VwGVG, § 24 VwGG, § 25a VwGG

 

GZ Ra 2015/07/0151, 28.01.2016

 

Mit Beschluss vom 26. November 2015, Ra 2015/07/0151-3, hat der VwGH eine außerordentliche Revision der Revisionswerberin gem § 26 Abs 1 VwGG als verspätet zurückgewiesen. Zur Verspätung kam es, weil die außerordentliche Revision direkt beim VwGH statt beim zuständigen LVwG Oberösterreich eingebracht worden war.

 

Mit dem nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrag macht die Antragstellerin geltend, ihr Rechtsvertreter habe den Hinweis des LVwG vom 20. Oktober 2015 in einem Verfahren über die Revision einer anderen Verfahrenspartei, wonach gem § 24 Abs 1 Z 1 VwGG Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den VwGH unmittelbar bei diesem einzubringen seien, fehlinterpretiert. In einer dem Antrag beigeschlossenen Erklärung des Rechtsvertreters heißt es, dass er fälschlicherweise die Bestimmung des § 24 Abs 1 Z 1 VwGG in Bezug auf § 25a VwGG als maßgeblich angesehen habe.

 

VwGH: Nach § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

 

Ein dem Rechtsvertreter widerfahrenes Ereignis stellt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens gehandelt hat.

 

Die Unkenntnis der Gesetzeslage durch einen beruflichen Parteienvertreter stellt aber grundsätzlich keinen minderen Grad des Versehens dar, wobei eine rezente Änderung der Rechtslage besondere Aufmerksamkeit verdient. Dies gilt auch im vorliegenden Fall.

 

Der Hinweis des LVwG vom 20. Oktober 2015, wonach gem § 24 Abs 1 Z 1 VwGG Schriftsätze im Revisionsverfahren ab Vorlage der Revision an den VwGH unmittelbar bei diesem einzubringen seien, erfolgte in einem Verfahren über die Revision einer anderen Verfahrenspartei und bezog sich ausdrücklich auf Schriftsätze im dortigen Revisionsverfahren. Es überschreitet nicht das einem beruflichen Parteienvertreter zumutbare Maß an Sorgfalt, die Rolle der von ihm vertretenen Partei (als mitbeteiligte Partei) im Revisionsverfahren einer anderen Partei von ihrer Rolle als Revisionswerberin und damit zwischen der Einbringungsstelle von (allfälligen) Schriftsätzen als mitbeteiligte Partei und der Einbringungsstelle einer eigenen Revision als Revisionswerberin zu unterscheiden. Wie bereits im hg Beschluss vom 26. November 2015 näher ausgeführt, ist diese Unterscheidung dem VwGG in unzweideutiger Weise zu entnehmen.

 

Dazu kommt, dass die Rechtsmittelbelehrung im damals angefochtenen Erkenntnis unbeachtet blieb, die in Übereinstimmung mit der eindeutigen Rechtslage nach § 25a Abs 5 VwGG ausdrücklich die Notwendigkeit der Einbringung der Revision beim VwG nannte. Ein minderer Grad des Versehens liegt auch unter diesem Aspekt im vorliegenden Fall nicht vor.